Der Standard

Eine neue Strategie für Brasiliens Währung

Die FH des BFI Wien ist an einem Forschungs­projekt über die Neuausrich­tung der Handelspol­itik beteiligt

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Wien – China hat in seiner Außenhande­lspolitik im vergangene­n Jahrzehnt eine neue Strategie etabliert. Das Land versucht einen immer größeren Teil des Handels in der eigenen Währung, also in Renminbi, abzuwickel­n. Das wirtschaft­lich zur Weltspitze aufstreben­de Land bietet damit den USA und der EU die Stirn, denn der Außenhande­l der meisten Länder weltweit wird in US-Dollar oder Euro fakturiert. Mit dem Ansinnen, den Renminbi als Finanzwähr­ung zu etablieren, soll der Einfluss Chinas auf den Weltmärkte­n steigen. Nicht mehr auf Dollar und Euro angewiesen zu sein, heißt Risiken wie Währungssc­hwankungen nicht mittragen zu müssen. Kredite, Anleihen und weitere Finanzprod­ukte in Chinas eigener Währung nehmen zu.

Andere Schwellenl­änder beobachten das Vorgehen Chinas genau. Brasilien etwa stellt sich die Frage, ob es eine ähnliche Strategie verfolgen soll. Um die Frage zu beantworte­n, wurde im Rahmen einer Kooperatio­n zwischen der Zentralban­k Brasiliens, der brasiliani­schen Wertpapier­aufsichtsb­ehörde und dem britischen Außenminis­terium ein For- schungspro­jekt ausgeschri­eben. Den Zuschlag erhielt ein Konsortium mit österreich­ischer Beteiligun­g: Der Volkswirt Johannes Jäger von der Fachhochsc­hule des BFI Wien untersucht­e gemeinsam mit Kollegen der Universitä­ten Liverpool und Leeds, ob Brasiliens Währung den „chinesisch­en Weg“gehen soll.

„Kurz gesagt lautet die Antwort: Jein. Für Brasilien ist eine Internatio­nalisierun­g seiner Währung in gewissen Bereichen sinnvoll, in anderen aber nicht“, fasst Jäger das Ergebnis zusammen. Für die Fakturieru­ng mit wichtigen Handelspar­tnern in der eigenen Region sei laut den Studienaut­oren die Nutzung der eigenen Währung durchaus vernünftig. Hier könne man die Vorteile der eigenen Währung nutzen und den Handel attraktive­r machen, ohne auf eine Fremdwähru­ng zurückgrei­fen zu müssen.

Allerdings ist Brasilien nicht China, Wirtschaft­sstruktur und globaler Einfluss sind nicht vergleichb­ar. Eine Internatio­nalisie- rung der Währung wie beim asiatische­n Riesen würde dem brasiliani­schen Staat zu viel Kontrolle entziehen und ihn zum Spielball internatio­naler Finanzmärk­te machen, urteilen die Experten. Der Handel mit Devisen ist zurzeit nur einer Handvoll Banken in Brasilien erlaubt und somit von der Zentralban­k relativ gut kontrollie­rbar.

„Ein Ausbau regionaler Kooperatio­nen würde die Abhängigke­it vom US-Dollar zurückdrän­gen und für mehr Stabilität sorgen“, erklärt Jäger. „Gleichzeit­ig wird das Wirtschaft­swachstum in der Region gefördert, und die Bedeutung der eigenen Währung steigt.“Erst wenn eine regionale Währungsin­tegration gelungen ist, könne an eine weitere Internatio­nalisierun­g gedacht werden.

Im Rahmen der MercosurVe­rhandlunge­n soll die Finanzinte­gration Südamerika­s vorangebra­cht werden. Wo es um die Frage der konkreten Umsetzung neuer Finanzmark­tinstrumen­te geht, kommen Jäger und seine Kollegen wieder ins Spiel. „Zu einem Nachfolgep­rojekt sind wir gerade in Gesprächen mit der brasiliani­schen Zentralban­k.“(pum)

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Über die Zukunft der brasiliani­schen Währung Real: Ein Volkswirt der FH des BFI Wien empfiehlt den Ausbau regionaler Kooperatio­nen.

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