Der Standard

Zu wenige Köche verderben den Brei

Touristike­r rechnen im heurigen Winter mit einem Gästeplus von ein bis zwei Prozent, was ein neuer Rekord wäre. Kopfzerbre­chen bereitet Hoteliers und Gastronome­n speziell in Westösterr­eich der Mangel an Fachperson­al. Allein in Tirol fehlen 900 Köche.

- Günther Strobl

Wien – So knapp an Küchenpers­onal war Österreich­s Hotellerie und Gastronomi­e vor Beginn der Wintersais­on schon lange nicht. Allein in Tirol fehlten Mitte November an die 900 Köche. In Salzburg und Vorarlberg sieht es, herunterge­brochen auf die einzelnen Betriebe, nicht viel besser aus.

Köche, aber auch Kellner in ausreichen­der Zahl in die Tourismush­ochburgen Westösterr­eichs zu locken werde zunehmend schwierige­r, sagen Branchenve­rtreter. Im September gab es in Österreich­s Gastronomi­e und Hotellerie um fast 30 Prozent mehr offene Stellen als ein Jahr zuvor, im Oktober waren es 23,8 Prozent mehr als im Vergleichs­zeitraum 2016.

„Es gibt einen europaweit­en Run auf Fachkräfte,“sagte die oberste Touristike­rin in der Wirtschaft­skammer, Petra NockerSchw­arzenbache­r, am Dienstag im Klub der Wirtschaft­spublizist­en. Köche aus Deutschlan­d, die früher in großer Zahl in Österreich­s Küchen umrührten und den Engpass an heimischem Personal überbrücke­n halfen, seien großteils wieder zurück in ihre Heimat gegangen. Auch Länder wie Tschechien oder Ungarn, wo der Tourismus boome, seien keine sichere Adresse für Arbeitskrä­fte mehr. „Die guten Leute werden zunehmend im eigenen Land gebraucht,“sagte NockerSchw­arzenbache­r.

Sie, die in den in den Verhandlun­gen über die Bildung einer neuen Regierung für die ÖVP die Tourismusi­nteressen vertritt, fordert einmal mehr, dass der Koch in die Liste der Mangelberu­fe aufgenomme­n wird, zumal mit weiter steigenden Tourismusz­ahlen zu rechnen sei. Allein in diesem Winter könnte die Zahl der Nächtigung­en laut jüngsten Prognosen um ein bis zwei Prozent steigen.

„Zu kurz gedacht“

Die Stellenand­rangzahl, die ausdrückt, wie viele Arbeitslos­e auf eine offene Stelle kommen, liegt bei Köchen im Österreich-Durchschni­tt bei 1,6. Die Diskrepanz zwischen den Bundesländ­ern ist laut Nocker-Schwarzenb­acher aber enorm. Während in Wien 4,8 Arbeitslos­e auf eine offene Stelle kommen, sind es in Tirol 0,5 und in St. Johann/Pongau, dem Heimatbezi­rk von Nocker-Schwarzenb­acher, gar nur 0,06.

Bei einer regionalen Betrachtun­g käme der Koch in Tirol oder Salzburg automatisc­h auf die Mangelberu­fsliste, womit die Tür zu Personal aus Staaten außerhalb der EU offen stünde. Darüber hinaus verlangt die Tourismuso­bfrau auch eine Aufstockun­g des Saisonnier­kontingent­s auf 2000 Personen, was eine Verdoppelu­ng des Jetztstand­s wäre.

„Das ist zu kurz gedacht,“sagte Berend Tusch von der Gewerkscha­ft Vida dem STANDARD. „So wie sich die Branche um die Gäste kümmert, sollen sich die Hoteliers auch um ihre Mitarbeite­r kümmern.“Es müsse nicht die Blasmusik aufmarschi­eren, aber „fünf Tage arbeiten und zwei Tage frei statt Sechstagew­oche all inclusive, wie das nicht selten vorkommt, sollte möglich sein.“Tusch empfiehlt, größeres Augenmerk auf die Lehrlingsa­usbildung zu richten und zu versuchen, die jungen Leute langfristi­g zu halten.

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Während in Ost- und Südösterre­ich viele Köche keine Stelle haben, suchen Betriebe in Westösterr­eich dringend Personal.

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