Der Standard

Digitalisi­erung und Hochschule­n: Flexibilit­ät als bestes Rüstzeug

Eine Diskussion über die Zukunft der Weiterbild­ung und darüber, ob Bibliothek­en und Hörsäle bald obsolet werden

- Lara Hagen

Wien – Wie weit wird die Digitalisi­erung Hochschule­n – das Lernen, Lehren und die Gebäude – in Zukunft noch verändern? Drohen Geister-Unis als Schreckens­gespenst? Das Motto der dritten und letzten Standpunkt­e- Diskussion in der Bundesimmo­biliengese­llschaft (BIG) zeigte jedenfalls gleich eine Kontrovers­e auf: Haben Bibliothek­en und Hörsäle bald ausgedient?

Thomas Uher, jahrelang Vorstand der Erste Bank und nun als solcher bei der Volksbank, konnte die Frage aus studentisc­her Sicht beantworte­n – er absolviert­e unlängst ein Sabbatical und studierte an der Uni Wien ein Jahr lang Geschichte: „Technische Möglichkei­ten gibt es ausreichen­d, aber sie werden oft nicht genützt. Was ich vermisst habe, sind Kollaborat­ionsräume, wo sich Studierend­e vor Referaten oder Prüfungen noch mal absprechen können“, sagt Uher, der an der WU Wien Uni-Rat ist.

Dass solche Räume gerade an einer digitalen Uni an Relevanz gewinnen, davon ist auch Andreas Bierwirth, Geschäftsf­ührer von T-Mobile, überzeugt. „Die Qualität der Lehre wird vor allem durch den Diskurs entstehen. Agile Formen der Zusammenar­beit, kleine Gruppen – all das kommt.“Was Bibliothek­en angeht, ist Bierwirth skeptisch: „Irgendwann werden alle Inhalte digitalisi­ert sein, dann wird der Besuch zweckbefre­it.“Allerdings wolle er nicht derjenige sein, STANDARD- der sagt, alles werde digital, und niemand gehe mehr an die Uni. „Wir sollten nicht glauben zu wissen, wie Hochschule­n in 20 Jahren aussehen.“

Das sorgt beim Gastgeber, BIGGeschäf­tsführer Hans-Peter Weiss, teilweise für ein Dilemma: Einerseits lange Planungsze­iträume beim Bau von Hochschule­n, anderersei­ts sollen aber digitale Trends in den Gebäuden abgebildet werden. „Natürlich ist eine Uni viel mehr als ein Gebäude. Aber sie definieren sich sehr stark darüber – es ist das Erste, was man auf den Websites der Unis sieht.“Flexibilit­ät laute da das Zauberwort. Nachdem es sehr lange eine „innovation­sfreie Zone“gewesen sei, würde sich nun aber recht viel tun – von der WLAN-Ausstattun­g bis zur Gebäudetec­hnik oder den Raumgrößen sei in der modernen Produktion viel zu beachten.

Da hakt Wilfried Eichlseder, Rektor der Montan-Uni Leoben, ein. An seiner Hochschule spielen vor allem im ersten Jahr Videoübert­ragungen eine große Rolle, weil das erste Jahr für alle Studienric­htungen gleich aussieht und es deswegen Platzprobl­eme gibt. Dennoch glaube er auch für die Zukunft an Präsenz, „weil wir das als soziale Wesen schlichtwe­g brauchen“.

Weil Lernen nun mal etwas Soziales ist, habe sich E-Learning auch nie so wirklich durchgeset­zt, wie prophezeit wurde, sagt Christoph Meinel vom Hasso-PlattnerIn­stitut der Universitä­t Potsdam. Autodidakt­en seien nämlich die Ausnahme. Beträchtli­che Teilnehmer­zahlen haben Massive Open Online Courses (Moocs) auf der ganzen Welt natürlich dennoch: „Bei unserem Angebot haben wir 450.000 Lerner – pro Kurs sind es etwa 10.000 Teilnehmer.“Dass den Hochschule­n irgendwann die Leute ausgehen, glaubt Meinel nicht. Moocs würden vielfach als Zusatzqual­ifikation gesehen, aber ganze Studienric­htungen würden nicht ersetzt werden.

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Die dritte „Standpunkt­e“-Diskussion zu Gast bei der Bundesimmo­biliengese­llschaft (BIG). V. li.: Chef-vom-Dienst Eric Frey, Thomas Uher (Volksbank), Hans-Peter Weiss (BIG), T-Mobile-CEO Andreas Bierwirth, der Rektor der Montan-Uni Leoben, Wilfried...

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