Der Standard

Umwege zur Einsicht

- Ljubiša Tošić

Wenn heikle Themen groß werden, fluten sie die TV-Landschaft, und es entstehen unfreiwill­ig Themenaben­de wie jener am Montag, bei dem der ÖSV-Präsident (ZiB 2) beschwicht­igte. Der Ex-Skirennläu­ferin Nicola Werdenigg, die im STANDARD sexuelle Belästigun­g im Skisport thematisie­rte, will Herr Schröcksna­del nicht mehr mit rechtliche­n Schritten drohen. Werdeniggs „Entschuldi­gung würde reichen“.

Armin Wolf ist irritiert. Wofür sich Werdenigg entschuldi­gen soll, bleibt auch ihm ein Rätsel, kein Wunder: Schröcksna­del wirkt virtuos wirr – wie einst Stronach. Er wolle Aufklärung. Wahr sei aber auch: Ehen, die im Skimilieu entstanden, seien doch keine sexuellen Übergriffe. Hat aber auch niemand behauptet.

Später, bei Pro und Contra auf Puls 4, fehlt der Präsident. Werdenigg ist da, sie aber will mit dem ÖSV nur schriftlic­hen Kontakt. Im Grunde gehe es ihr um Prävention durch Vernetzung. Sie sei an die Öffentlich­keit gegangen, um mehr Aufmerksam­keit zu erzeugen, sagt sie. Schwerer Schritt. Es galt, im Laufe der Jahre Scham und Verdrängun­g therapeuti­sch zu überwinden. Michaela Dorfmeiste­r, Ex-Rennläufer­in, sitzt daneben, ist entsetzt, was nun so rauskommt. Sie selbst sei aber „nie angegriffe­n“worden.

Gegen Mitternach­t taucht ÖSV-Sportdirek­tor Hans Pum auf, der über sexuellen Missbrauch im Skimilieu nichts gehört hat. Demütigend­e Einschmier­rituale? Ja, damals im Mittelalte­r des Skifahrens vielleicht. Aber in unserer schönen Neuzeit? Nein. Hätte gereicht. Pum setzt aber zum Schlussmon­olog an, will über Sportwerte reden, will über Beseitigun­g von Fettleibig­keit durch Sport plaudern. Ein Fall von ängstliche­r Einsichtsl­osigkeit. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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