Der Standard

Eigentümer vor den Vorhang

Ein neues Gesetz, das Rechtsträg­er zur Offenlegun­g wirtschaft­licher Eigentümer zwingt, soll im Kampf gegen Terrorfina­nzierung und Geldwäsche­rei helfen. Trotz des bürokratis­chen Aufwands werden manche Hintermänn­er dennoch im Dunkeln bleiben können.

- Johannes Barbist, Gottfried Gassner

Wien – Veränderun­gen passieren manchmal schleichen­d. Hinterher reibt man sich die Augen und fragt sich, ob das wirklich so gewollt war. Beim Wirtschaft­liche-Eigentümer-Registerge­setz (WiEReG) kann es ähnlich kommen.

In Umsetzung der vierten EUGeldwäsc­herichtlin­ie müssen alle Gesellscha­ften, Stiftungen, Vereine etc. angemessen­e, präzise und aktuelle Angaben zu ihren wirtschaft­lichen Eigentümer­n beschaffen, aktuell halten und an das beim Finanzmini­sterium eingericht­ete Register für wirtschaft­liche Eigentümer melden. Betroffen sind in Österreich rund 360.000 Rechtsträg­er. Für rund 290.000 davon sollen Ausnahmen gelten: Ins Register kommen sie dann ohne Meldung, indem die relevanten Daten aus anderen Registern (Firmenbuch, Vereinsreg­ister) automatisc­h übernommen werden.

Das WiEReG tritt mit 15. Jänner 2018 zur Gänze in Kraft. Meldungen sind bis spätestens 1. Juni 2018 zu erstatten. Das Gesetz wirft aber schon seine Schatten voraus und führt zu Diskussion­en. Das Bestreben, durch die neuen Vorschrift­en zur Bekämpfung von Geldwäsche­rei und Terrorismu­sfinanzier­ung beizutrage­n und zu helfen, Straftäter aufzuspüre­n, die sich hinter komplizier­ten Unternehme­nsstruktur­en verstecken, ist richtig. Ob das Register aber gerade in diesen Fällen nützt, ist zu bezweifeln.

Denn das Register wird nicht vom Staat selbst, sondern von den betroffene­n Rechtsträg­ern befüllt. Diese unterliege­n zwar streng sanktionie­rten Vorgaben zur richtigen, vollständi­gen und zeitgerech­ten Meldung (Strafdrohu­ng von bis zu 200.000 Euro). Das WiEReG sieht auch Mechanisme­n vor, um die Datenquali­tät sicherzust­ellen. Für die Führungskr­äfte der Rechtsträg­er kann aber leicht das Problem entstehen, ob und in welchem Umfang ihre (wirtschaft­lichen) Eigentümer die relevanten Informatio­nen liefern. Wie weit hier die Erkundungs­pflichten gehen, ist offen. Das blinde Vertrauen auf die Angaben eines Gesellscha­fters wird nicht genügen, detektivis­ches Nachforsch­en aber nicht verlangt sein.

Was aber tun, wenn die Gesellscha­fter keine Informatio­nen bereitstel­len und sich die Strukturen im Ausland verlaufen? Kann eine Führungskr­aft den wirtschaft­lichen Eigentümer nicht feststelle­n, ist sie – so die etwas sonderbare Konsequenz – selbst als wirtschaft­licher Eigentümer in das Register einzutrage­n. Es ist daher zu befürchten, dass diejenigen, die schon jetzt ihre Eigentümer­schaft hinter komplexen Gebilden verschleie­rt haben, auch in Zukunft nicht aufgedeckt werden.

Wirtschaft­licher Eigentümer ist eine natürliche Person, der ein Rechtsträg­er gehört oder den sie letztlich (wenn auch nur mittelbar) kontrollie­rt. Selbst wenn alle Informatio­nen verfügbar sind, können sich bei komplexere­n Strukturen Schwierigk­eiten ergeben, welche Personen zu melden sind. Die unübersich­tliche Begriffsbe­stimmung wird hoffentlic­h durch den erwarteten Erlass des Finanzmini­steriums erhellt.

Für viele einsehbar

Für alle Betroffene­n bleibt der Beigeschma­ck, dass das Register zwar nicht allgemein öffentlich, aber doch für einen größeren Personenkr­eis einsehbar ist. Darunter sind neben den Berufsgrup­pen, die Pflichten zur Kundeniden­tifikation treffen (Banken, Rechtsanwä­lte, Wirtschaft­sprüfer und einige andere), und bestimmten Behörden (vor allem Steuer- und Strafverfo­lgungsbehö­rden) auch Personen und Organisati­onen bei Nachweis eines berechtigt­en Interesses im Zusammenha­ng mit der Verhinderu­ng der Geldwäsche­rei und Terrorismu­sfinanzier­ung. Wer über diesen Weg tatsächlic­h Einsicht erlangen kann und ob Informatio­nen aus dem Register ungewollt über verschlung­ene Kanäle an die breitere Öffentlich­keit gelangen, wird die Praxis zeigen.

Auf EU-Ebene gehen die Überlegung­en aber ohnehin schon weiter, nämlich in Richtung eines Einsichtsr­echts in das Register für jedermann. Es bleibt spannend.

DR. JOHANNES BARBIST und MMAG. GOTTFRIED GASSNER sind Partner bei Binder Grösswang Rechtsanwä­lte. barbist@bindergroe­sswang.at, gassner@bindergroe­sswang.at

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