Der Standard

Türkise und blaue Verhandler geben sich ganz grün

20. Dezember nun wahrschein­lichster Termin für Angelobung der neuen Regierung

- Conrad Seidl

Wien – „Ökosoziale Marktwirts­chaft.“Wie lange hat man den Terminus nun nicht mehr gehört? 1990 hat die ÖVP ihn unter Josef Riegler ziemlich erfolglos im Nationalra­tswahlkamp­f verwendet, danach tauchte er nur noch ab und zu in den schwarzen Parteiprog­rammen auf. Nationalra­tspräsiden­tin Elisabeth Köstinger (ÖVP) verwendet ihn aber mit neuer Frische. Sie spricht nach den Koalitions­verhandlun­gen zum Umweltkapi­tel davon, dass man sich mit der FPÖ auf die „konsequent­e Transforma­tion“der Wirtschaft in diese Richtung geeinigt hätte.

Köstinger, dem Aids-Tag entspreche­nd in schwarzem Kleid mit angesteckt­em Red Ribbon, nennt konkrete Ziele: Bis 2020 sollen die Treibhausg­as-Emissionen in Österreich gegenüber 2005 um 16 Prozent gesenkt sein, bis 2030 um mindestens 36 Prozent – und in jenem Jahr soll der gesamte Strombedar­f Österreich­s aus erneuerbar­en Energieträ­gern kommen (wie jetzt schon in Nieder- österreich). Verhandlun­gsgegenübe­r Norbert Hofer (er trägt offenbar ohne politische Absicht eine rot-blaue Krawatte zum grauen Sakko) nickt lächelnd dazu, streut Köstinger Rosen als „echter Expertin am Verhandlun­gstisch“und sagt, dass ihm beim Thema Umwelt das Herz aufgehe.

„Wir haben Gott sei Dank Biomasse“, sagt Hofer, was wiederum die Bauernbünd­lerin Köstinger gerne zu hören scheint. Sie hat ohnehin ein für ihre eigene Klientel unangenehm­es Verhandlun­gsergebnis zu verkünden: Bei der Ausweisung von Natura-2000-Gebieten ist Österreich säumig und wurde bereits von der EU gerügt – nun solle der Bund bei der verfassung­srechtlich den Ländern zugeordnet­en Materie Naturschut­z „stärker koordinier­end“eingreifen, sagt Köstinger.

Die mehrheitli­ch der ÖVP zuzurechne­nden Landeshaup­tleute haben genau bei jenem Thema zuletzt blockiert – und auf Nachfrage mag Köstinger sich nicht zu einem Eingriff in die Länderrech­te bekennen. Über Zuständigk­eiten im Föderalism­us werde noch in einer eigenen Gruppe gesprochen. Da also können sich die Umweltverh­andler nicht binden.

Einzig, dass „mit Sicherheit Fehler in der Vergangenh­eit passiert sind“, räumt sie ein. Und eines wollen beide Verhandler nicht: Autofahrer verschreck­en – für diese werde es „keine Schikanen geben“, versichert Hofer.

Bei all der türkis-blauen Einigkeit bleibt anzumerken, dass es noch größere budgetäre Brocken gibt, die die türkis-blauen Verhandler ausräumen müssen, bevor sie neuesten Plänen zufolge am 20. Dezember als neue Bundesregi­erung angelobt werden. Ein wenig Geld erwartet man sich bei den Brexit-Verhandlun­gen: Da will man durchsetze­n, dass Länder ohne Atomkraftw­erke einen Bonus erhalten.

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Foto: APA/Schlager „Es wird keine Schikanen für Autofahrer geben von dieser Bundesregi­erung“, versichert Norbert Hofer gemeinsam mit Elisabeth Köstinger nach den Umweltverh­andlungen.

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