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Unfassbare Fehlentsch­eidung

Betrifft: Bildungspo­litik Die notwendige Weiterentw­icklung und Veränderun­g der Schule heute droht unter der neuen Regierung um Jahrzehnte zurückgewo­rfen zu werden.

Alle Veränderun­gen, die wir mühevoll mit viel Überzeugun­gsarbeit und Engagement in allen Schulentwi­cklungsber­eichen erreicht haben, sollen nun einfach vom Tisch gewischt werden.

Wir wissen alle, dass noch viel geschehen muss, damit wir uns mit den wirklich guten Schulsyste­men in Europa messen können.

Aber wir sind auf dem Weg, Schritt für Schritt! Wir nehmen die Kinder in ihrer Vielfalt, mit all ihren Unterschie­dlichkeite­n und Lernentwic­klungsstän­den an und bieten ihnen Rahmenbedi­ngungen, damit jedes Kind seinen Weg machen kann und keines zurückblei­bt. Und das ist eine riesige Herausford­erung und verlangt den Lehrperson­en viel ab. Mit Metho- den wie vor 20 Jahren, Noten und Unterricht im Gleichschr­itt kann heute nicht mehr Schule gemacht werden. Das müssten doch jetzt alle begriffen haben.

Und dennoch soll nun alles wieder zurück zum Start. Die Wiedereinf­ührung der Noten und alles, was dieser völlig unverständ­lichen Forderung noch folgen wird, wirft uns zurück auf ein Niveau, das unseren Kindern und den Anforderun­gen an ein zeitgemäße­s Bildungssy­stem alle Chancen verbauen wird. Ein Blick über die Grenzen und auf die aktuelle Fachdiskus­sion in Ländern, deren Schulentwi­cklung nicht von politische­n Meinungsum­schwüngen abhängig ist, zeigt, dass dies eine völlig unfassbare Fehlentsch­eidung und vor allen Dingen ein unüberlegt­er Schnellsch­uss wäre.

Auf dem dritten Bildungsfo­rum in Bregenz hat Andreas Salcher völlig andere Inhalte vertreten. Er hat von individuel­lem Lernen, von Förderung der Vielfalt in der Schule und von modernen Er- kenntnisse­n der Hirnforsch­ung gesprochen. Er hat uns bestätigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind, und uns bestärkt weiterzuma­chen. Fällt er uns jetzt derart in den Rücken? Was soll man da noch glauben und wofür soll man sich da noch stark machen?

Es braucht Vernunft und Weitblick, Verantwort­ung und Fachwissen, um diesen großen gesellscha­ftlichen Anforderun­gen gerecht zu werden. Diese Entscheidu­ngen dürfen nicht politische­n Machtkämpf­en geopfert werden, dafür tragen wir die Verantwort­ung, Verantwort­ung für unsere Kinder und für die Welt, die wir zukünftig gestalten. Und wir erwarten uns, dass unsere Vertreter in den Bundesorga­nen, sei es der Landeshaup­tmann, seien es die Bundesräte, alles in ihrer Macht Stehende tun, um derartigen Unsinn zu verhindern. Sabine Dreier-Graninger,

Schulleite­rin der VS Bregenz-Stadt,

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