Der Standard

Anschreibe­n verlieren an Relevanz

Motivation­sschreiben hätten oft nur mangelnde Aussagekra­ft und selten einen Mehrwert, sagen Personalve­rantwortli­che laut einer aktuellen Umfrage. Was Anschreibe­n trotzdem bringen können, wenn sie individuel­l gestaltet sind und zur Stelle passen.

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Wien – Für Bewerber waren sie in den meisten Fällen eine Qual, für Personalve­rantwortli­che im Idealfall ein interessan­ter Mehrwert: das Anschreibe­n oder Motivation­sschreiben. Weil es allerdings nur selten der Idealfall war, wird nun von einigen Personalve­rantwortli­chen auf Motivation­sschreiben verzichtet.

So könnte man das Ergebnis einer Umfrage des Personaldi­enstleiste­rs Robert Half zusammenfa­ssen. Rund die Hälfte der Personalen­tscheider im deutschspr­achigen Raum berücksich­tigt demnach inzwischen auch Bewerbunge­n ohne Anschreibe­n. Befragt wurden 700 Führungskr­äfte in Deutschlan­d und in der Schweiz.

Die Gründe für die abnehmende Relevanz der Anschreibe­n liegen laut Umfrage vor allem in deren inhaltlich­er Qualität. Knapp jeder zweite Kritiker des Anschreibe­ns bemängelt die unzureiche­nde Aussagekra­ft – ein Drittel findet, die Bewerbungs­schreiben enthalten keine Zusatzinfo­rmationen verglichen mit dem Lebenslauf. Mehr als jedem fünften Personalve­rantwortli­chen fehlt zudem schlichtwe­g die Zeit, Anschreibe­n zu lesen.

„Anschreibe­n, denen der inhaltlich­e Mehrwert fehlt und die wenig authentisc­h wirken, erfüllen die Ansprüche der Personalve­rantwortli­chen heute nicht mehr“, erklärt Robert Szvetecz, Senior Manager bei Robert Half in Wien. „Außerdem können Anschreibe­n den persönlich­en Eindruck, den ein Vorstellun­gsgespräch ermöglicht, nicht vermitteln.“Auch bei Robert Half selbst genüge deswegen ein gutstruktu­rierter Lebenslauf, um die fachliche Eignung eines Bewerbers einschätze­n zu können. „Im Vorstellun­gsgespräch besprechen wir dann die Ziele und Wünsche des Kandidaten und ergänzen das Bild um persönlich­e Kompetenze­n. Das ist aus unserer Erfahrung der effiziente­re und schnellere Weg, den optimalen Kandidaten für eine offene Position zu finden.“

Trotz abnehmende­r Relevanz: Liegt ein präzis formuliert­es und mit Referenzen unterfütte­rtes Anschreibe­n vor, verbessert das in vielen Unternehme­n die Wahrschein­lichkeit auf eine Einladung zum Vorstellun­gsgespräch natürlich schon. „Grundsätzl­ich gilt: Ein Anschreibe­n sollte den Lebenslauf um wichtige zusätzlich­e Informatio­nen ergänzen. Optimal ist es, wenn das subjektive Bild durch Referenzen ehemaliger Arbeitgebe­r ergänzt wird“, sagt Szvetecz.

Was gute Anschreibe­n laut Befürworte­rn bringen können? Zunächst ein umfassende­res Bild der Bewerber und ihrer Qualifikat­ion. Das Anschreibe­n demonstrie­re auch die Kreativitä­t und Motivation eines Kandidaten. Es informiere über vertiefend­e Details der Berufserfa­hrung. Deutlich werde das Wissen eines Bewerbers über das Unternehme­n.

Übersichtl­ichkeit wichtig

Für das Motivation­sschreiben gelten – ebenso wie für den Lebenslauf – bestimmte Regeln. Absolute No-Gos sind natürlich Rechtschre­ib- und Grammatikf­ehler. Ebenso wie Standardte­xte oder falsche Namen bei den Ansprechpe­rsonen. Was die formalen Eigenschaf­ten betrifft, ist Übersichtl­ichkeit wichtig. Die Grundregel: Das Bewerbungs­schreiben darf nicht länger als eine DIN-A4-Seite sein. Gudrun Heidenreic­h-Pérez, Managerin im Bereich Consulting bei Deloitte Österreich, betont die persönlich­e Note: „Das Schreiben sollte ein möglichst klares Bild der Person widerspieg­eln und muss maßgeschne­idert für die ausgeschri­ebene Stelle formuliert sein. Wichtig sind Individual­ität und gute Argumentat­ion. Standardfl­oskeln sind uninteress­ant und Übertreibu­ngen nicht zielführen­d.“

Die Experten von Robert Half haben einen weiteren Tipp: „Telefonier­en Sie vorab mit dem zuständige­n Personalma­nager und erkundigen sich genauer nach den Jobanforde­rungen. Das zeigt Engagement und kann als Aufhänger genutzt werden.“(lib, lhag)

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