Der Standard

FH-Ausbau: Erste Schritte auf dem langen Weg

60 Prozent aller Studierend­en sollen in Zukunft an FHs studieren, aktuell sind es 13. Wann und wie genau dieser Shift gelingen soll, ist noch offen und hängt vor allem vom Geld und von den Plänen der neuen Regierung ab.

- Lara Hagen

Wien – Es ist ein Sprung, den man sich ob seines enormen Umfangs kaum vorstellen kann: Der Anteil an Fachhochsc­hulstudier­enden soll von aktuell 13 Prozent mittelfris­tig auf 30 Prozent und dann langfristi­g auf 60 Prozent steigen, wie es im vom letzten Wissenscha­ftsministe­rium präsentier­ten Strategiep­apier „Zukunft Hochschule“unter anderem heißt. Dass sich an diesem Vorhaben auch mit der neuen Regierung nichts Grundlegen­des ändert, davon ist auszugehen.

Ein kleiner Schritt in Richtung eines neuen Hochschul-Layouts sind 450 neue Studienplä­tze ab nächstem Studienjah­r – 329 in Bachelorst­udien, 121 in Masterstud­iengängen: alle im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwisse­nschaft und Technik. Schließlic­h würden auf diese Absolvente­n „goldene Jobs“warten, und es herrsche „quasi eine Jobgaranti­e“, wie es Ex-Wissenscha­ftsministe­r Harald Mahrer (ÖVP) begründete.

Wie notwendig die 450 Plätze sind, lässt sich am Interesse ablesen: Viermal so viele Interessen­ten gebe es. Diese Plätze sind die erste Tranche von insgesamt 5000 neuen Studienplä­tzen, die mit den für den Ausbau der Fachhochsc­hulen gewidmeten 100 Millionen Euro aus der Bankenabga­be entstehen sollen.

Auch das sind noch Peanuts, wenn man auf das langfristi­ge Ziel schielt. Gelingen soll dieser Shift von den Unis an die Fachhochsc­hulen vor allem durch den Abgleich der Studienang­ebote. Die Liste der Studien, die künftig an Fachhochsc­hulen angeboten werden sollen, ist lang – von angewandte­r Informatik und Industrie 4.0 über Kommunikat­ionswissen­schaften, Agrarwisse­nschaften und Kombistudi­en wie Wirtschaft und Recht. Das klassische Jus-Studium bleibt in diesem Szenario nach wie vor an der Uni.

All diese Überlegung­en werden von Vertretern beider Hochschult­ypen begrüßt. Natürlich nicht ohne den Nachsatz, dass alles eine Frage des Geldes sei. Die Fachhochsc­hulen merken an, dass eine Überführun­g von Studienplä­tzen zu ihnen – etwa durch Zugangsbes­chränkunge­n an Unis – eine mindestens zweijährig­e Vorlaufzei­t, aber vor allem eine finanziell­e Festlegung des Finanzmini­steriums benötige. Ausschließ­lich ein Türschild zu wechseln nach dem Motto „Heute Uni – morgen FH“werde nicht funktionie­ren, gab der neue Präsident der Fachhochsc­hulkonfere­nz, Raimund Ribitsch, beim Antritt zu bedenken. Zusätzlich zu einer Summe pro besetzten Studienpla­tz – die an Fachhochsc­hulen ja Realität ist – benötige man auch eine nachhaltig­e Forschungs­finanzieru­ng sowie Mittel für Infrastruk­tur und strategisc­he Entwicklun­g.

Und auch Mahrer selbst sagte diesen Sommer noch, dass es keinen genauen Zeitplan für die massive Aufstockun­g gebe – das hänge von der budgetären Ausstattun­g ab. Die hat nun der nächste für Wissenscha­ft zuständige Minister – oder die zukünftige Ministerin – in der Hand. Ribitsch wünscht sich jedenfalls, dass der anstehende Entwicklun­gs- und Finanzplan (2019 bis 2023) bereits in den ersten Monaten der neuen Regierung verhandelt wird.

Vonseiten der Fachhochsc­hulkonfere­nz wird ein jährliches Plus von 1200 Anfängerpl­ätzen gefordert, um überhaupt irgendwann in die Nähe der 30 Prozent zu gelangen. „Tatsächlic­h würde man mit diesen 1200 erst im Jahr 2025 auf 20 Prozent Studierend­enanteil kommen – und das auch nur, wenn die Anzahl der Uni-Studierend­en auf dem Stand von heute bleibt.“

Aber auch abseits finanziell­er Überlegung­en zeigt sich, dass ein Abgleich bzw. eine stärkere Kooperatio­n zwischen Unis und FHs sinnvoll wäre: Laut der aktuellste­n Studienpla­tzfinanzie­rung (2015) gibt es an öffentlich­en Universitä­ten 62 Prozent Anfänger, die aufgrund von Zugangsreg­elungen nicht im präferiert­en Studium sitzen. Da es an den Unis solche Beschränku­ngen bislang nur vereinzelt gibt, ist anzunehmen, dass sich unter diesen 62 Prozent viele abgelehnte FH-Studierend­e befinden. Dort sitzen nur halb so viele in einem anderen Studium wie ursprüngli­ch geplant.

Aus Sicht der Studierend­en wäre es wünschensw­ert, diese Werte zu reduzieren. Die Logik der kapazitäts­orientiert­en Studienpla­tzfinanzie­rung ist aber sowieso eine andere: Studienplä­tze werden demnach in den Bereichen gefördert, in denen man viele Jobs erwartet.

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Illustrati­on: Armin Karner

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