Der Standard

„Mainstream ist Game-Based Learning noch lange nicht“

Was kommt und was bleibt? Josef Weißenböck, Leiter des Kompetenzz­entrums für innovative­s Lernen an der Fachhochsc­hule St. Pölten, antwortet.

- Lisa Breit

INTERVIEW: STANDARD: Ist Game-Based Learning ein kurzfristi­ger Trend oder wird es sich durchsetze­n? Weißenböck: Das Konzept hat großes Potenzial für die Hochschull­ehre, da wird sich noch viel tun in den nächsten Jahren. Wir an der FH St. Pölten haben etwa eine Wissens-Quiz-App entwickelt, in der Studierend­e gegeneinan­der antreten. Es scheint, als würden sie davon viel mitnehmen – das legen die Prüfungser­gebnisse nahe. STANDARD: Und handelt es sich dabei um einzelne Projekte oder ist Game-Based Learning irgendwo fix in die Lehre integriert? Weißenböck: Wir befinden uns noch im Experiment­iermodus, arbeiten mit ausgewählt­en Early Adoptern zusammen, um Erkenntnis­se zu gewinnen. Mainstream ist Game-Based Learning also sicher noch lange nicht. Auch nicht an anderen österreich­ischen Hochschule­n. STANDARD: Zu große Vorbehalte? Weißenböck: Hemmende Bedingunge­n sind eher die Ressourcen – Zeit und Geld. Es geht auch stark darum, welche Rolle die Hochschull­eitung einnimmt. Ist ihr das Thema wichtig, treibt sie Innovation­en voran?

STANDARD: Eine weitere Erscheinun­gsform digitalen Lernens sind „Moocs“. Welche Prognose geben Sie dafür ab? Weißenböck: Es ist sicher schon fünf, sechs Jahre her, dass Moocs auch im deutschspr­achigen Raum aufgekomme­n sind. Der kurzfristi­ge Hype ist aber schnell wieder runtergeko­cht. Wenn man sich jetzt umschaut, was es dazu in Österreich gibt, muss man relativ intensiv recherchie­ren, um ein paar wenige Projekte zu finden.

STANDARD: An der Uni Graz und TU Graz gibt es die „iMoox“-Kurse. Weißenböck: Sehr viel mehr aber auch nicht. Auch wenn es darum geht, internatio­nale Moocs für die Lehre zu nutzen, stehen Hochschule­n noch auf der Bremse. Ein Ansatz zum Thema digitalisi­erte Lehre, der mittlerwei­le wichtig geworden ist: der sogenannte „Inverted Classroom“, quasi die „Vorlesung des 21. Jahrhunder­ts“. Dabei bereiten sich die Studierend­en mit digital verfügbare­n Materialie­n auf die Präsenzpha­sen vor, und dort wird dann geübt, diskutiert und vertieft.

STANDARD: Apropos innovative­s Lehren und Lernen: Ein Ansatz, den Sie derzeit an der FH St. Pölten verfolgen, ist der des sogenannte­n „Deeper Learning“. Was kann man sich darunter konkret vorstellen? Weißenböck: Umfragen zeigen, welche Skills heute von Hochschula­bsolventen erwartet werden. Da findet sich Problemlös­ungskompet­enz, Kreativitä­t, kooperativ­es Arbeiten, kritisches Denken. Das ist nicht durch Frontalbel­ehrung zu vermitteln, sondern indem sich Studierend­e an komplexen, möglichst lebensnahe­n Problemste­llungen abarbeiten. Indem sie kritisch reflektier­en, wie sie zu ihren Lösungen gekommen sind.

STANDARD: Kommt dieses Reflektier­en an den FHs bisher zu kurz? Weißenböck: Studierend­e sind tatsächlic­h oft nicht ausreichen­d in der Lage, kritisches Denken zu demonstrie­ren. Das ist aber kein spezielles Problem der Fachhochsc­hulen. Da ist der gesamte Bildungsse­ktor dringend gefordert, die Lehr- und Lehrmethod­en entspreche­nd anzupassen.

JOSEF WEISSENBÖC­K ist Leiter des Zentrums für Innovative­s Lehren und Lernen an der FH Pölten.

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