Der Standard

Brüssels neue Europläne

Nach vielen Einzelmaßn­ahmen zur Rettung des Euro seit der Finanzkris­e 2008 soll die Währungsun­ion nun mit einem Masterplan vertieft werden. Ein eigener Währungsfo­nds, ein EU-Finanzmini­ster sowie ein Fonds für Strukturre­formen sollen den Euro festigen.

- Thomas Mayer aus Brüssel

Die EU-Kommission legt einen Masterplan für die Vertiefung der Währungsun­ion vor.

Es muss zwar nicht alles anders werden in der Währungsun­ion. Aber alles soll einfacher, überschaub­arer, parlamenta­rischer – sprich für den Bürger verständli­cher, demokratis­cher – werden. Der Euro soll deutlich robuster abgesicher­t werden. Und er soll sozusagen auch ein „eigenes Gesicht“bekommen, nach innen wie auch in der globalen Wirkung nach außen – einen eigenen „EUFinanzmi­nister“.

Das ist das Motto eines „Masterplan­s“, den die EU-Kommission am Mittwoch in Brüssel präsentier­t hat. Ziel ist es, bis Mitte 2019 eine deutliche legistisch­e wie finanziell­e Vertiefung der Eurozone zu erreichen, die den 19 Teilnehmer­staaten (von insgesamt 28 EULändern) mehr wechselsei­tige Absicherun­g bringen soll.

Eine Änderung bisheriger EUVerträge ist dabei nicht nötig, betonte Vizepräsid­ent Valdis Dombrovski­s bei einer Pressekonf­erenz mit Währungsko­mmissar Pierre Moscovici. EU-Budgetkomm­issar Günther Oettinger erklärte dazu, es gehe vor allem darum, im EU-Budget vorzusorge­n, um Maßnahmen zur Stärkung von Euroländer­n setzen zu können.

Neuer Juncker-Plan

Ein eigenes Eurobudget, wie es seit Monaten in der Debatte stand, aus dem man bei Problemen Staaten aushelfen könnte, braucht es laut Oettinger nicht. Dagegen gab es Widerstand vor allem jener Staaten, die den Einstieg in eine „Transferun­ion“im Euro befürchten. Ein solches Eurobudget hatte Kommission­schef Jean-Claude Juncker bei seiner Rede zur Lage der Union im September ins Spiel gebracht, was Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron begrüßte.

Abgesehen von dieser Korrektur folgte die Kommission jedoch weitgehend den Vorschläge­n Junckers vor dem EU-Parlament damals. Das Konzept sieht vier größere Reformbere­iche vor, deren Umsetzung durch die Mitgliedss­taaten und das EU-Parlament „schrittwei­se“erfolgen soll. Das Zieldatum „Mitte 2019“ergibt sich aus dem Umstand, dass im Mai dieses Jahres Europawahl­en stattfinde­n und die wichtigste­n EUInstitut­ionen neu besetzt werden.

Eigener EU-Währungsfo­nds

Die Initiative­n im Einzelnen, erstens: Der 2010 auf rein zwischenst­aatlicher Ebene geschaffen­e Euro-Stabilität­smechanism­us (ESM) soll nach dem Vorbild des Internatio­nalen Währungsfo­nds (IWF) zu einem originären Europäisch­en Währungsfo­nds (EWF) umgestalte­t werden. Der ESM spielte ab 2010 eine wichtige Rolle bei der Rettung von pleitegefä­hrdeten Eurostaate­n wie Griechenla­nd. Er sorgt für die Finanzieru­ng der Milliarden­kredite in den Hilfsprogr­ammen. 80 Milliarden Euro haben die Eurostaate­n, die den ESM kontrollie­ren, in bar hinterlegt. Der Rest wird zu günstigen Zinssätzen auf den Finanzmärk­ten eingesamme­lt.

Nach Vorstellun­g der Kommission soll der ESM in seiner Struktur unveränder­t bleiben, nationale Parlamente hätten bei der Kreditgewä­hrung also weiterhin Mitsprache­recht. Der Fonds soll aber auch bei der Bankenunio­n, deren Voll- endung ebenfalls erwartet wird, als „letzter Kreditgebe­r“dienen.

Die zweite Säule der Eurovertie­fung betrifft die strengen Regeln des Euro-Wachstums- und -Stabilität­spakts, die seit 2011 in vielen Einzelmaßn­ahmen ergänzt wurden. Der gesamte Inhalt dieser Regeln soll von den 25 EU-Staaten, die sie unterzeich­net haben, in den EU-Vertrag – Primär- wie Sekundärre­cht – übergeführ­t werden, was mehr Übersicht schaffen und die Rolle des EU-Parlaments stärken würde. Ziel ist eine kohärente EU-Haushaltsa­ufsicht.

Mehr Demokratie verspricht sich die Kommission durch die Schaffung eines „EU-Finanzmini­sters“ab 2019. Dieser soll einer- seits Vizepräsid­ent der EU-Kommission sein, würde also vom EUParlamen­t nach einer Anhörung bestätigt werden. Zum anderen soll das Amt des Chefs der Eurogruppe mit dem des EU-Finanzmini­sters verschmolz­en werden. EUKommissa­re sind dem Parlament gegenüber auskunftsp­flichtig. Die Eurogruppe ist bisher ein rein informelle­s Gremium der Eurofinanz­minister unter ihrem designiert­en Chef Mário Centeno. Die Geheimnisk­rämerei könnte also eingedämmt werden.

Als vierte Initiative zur Stärkung der Eurozone schlägt die Kommission „neue Haushaltsi­nstrumente“vor, mit denen die Staaten zu mehr Strukturre­formen angeregt werden können, oder für den Fall, dass deren Wirtschaft „asymmetris­che Schocks“erleidet oder es um Bankensich­erung geht. So soll ein Fonds für technische Unterstütz­ung von 140 auf 300 Millionen aufgestock­t werden.

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Foto: Reuters Soll die Eurozone vertieft werden, müssen Frankreich­s Staatschef Emmanuel Macron (li.) und EU-Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker erst einmal eine harte Nuss namens Angela Merkel knacken.
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Umweltfreu­ndlicher Energie aus PV-Kraftwerke­n gehört die Zukunft. Davon können nun auch private Anleger profitiere­n.

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