Riskanter Alleingang der USA in Sachen Jerusalem
Wenn US-Präsident Donald Trump seinen Plan zur Verlegung der amerikanischen Botschaft nach Jerusalem offiziell verkündet, löst er ein Wahlkampfversprechen ein – und riskiert damit viel.
Es ist ein Soloritt mit unabsehbaren Konsequenzen – doch noch bevor ihn Donald Trump am Mittwoch verkündete, gaben sich seine Politikberater alle Mühe, die Tragweite herunterzuspielen. Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkennen und die US-Botschaft aus Tel Aviv nach Jerusalem zu verlegen: Beides ändere nichts an den Leitlinien amerikanischer Nahostpolitik, betonten sie wenige Stunden vor Trumps mit Spannung erwarteter Rede bei einem Hintergrundbriefing im Weißen Haus.
Washington bleibe einer Zweistaatenlösung zwischen Israelis und Palästinensern verpflichtet. Den endgültigen Status Jerusalems zu regeln sei Sache von Friedensverhandlungen. Trump, so die Berater, bestätige lediglich, was längst Realität sei. Jerusalem sei nun einmal die Kapitale Israels – die wichtigsten Institutionen hätten dort ihren Sitz, man werde nur den Tatsachen gerecht. Für den Ausgang des Friedensprozesses, fügten die Regierungsvertreter hinzu, sei nicht maßgeblich, wo sich die US-Vertretung befinde.
„Jerusalem Embassy Act“
Trump ist der Erste im Oval Office, der das so sieht. Nicht zufällig haben seine Vorgänger 22 Jahre lang darauf verzichtet, den 1995 vom US-Kongress beschlossenen „Jerusalem Embassy Act“umzusetzen (siehe Seite 3). Im Wissen um die Emotionen, die ein dermaßen umstrittener Schritt in einer mit Symbolik derart überladenen Stadt wie Jerusalem auslösen kann, hatten die Parlamentarier das Hintertürchen seinerzeit ausdrücklich offen gelassen. Trump will sich des eleganten Auswegs nicht bedienen und stattdessen durchziehen, was er im Wahlkampf versprochen hat.
Nicht nur viele Juden, auch evangelikale Christen in den USA sehen in bedingungsloser Loyalität gegenüber Israel und dem Kabinett Benjamin Netanjahus fast so etwas wie das elfte Gebot. Auch wenn das Thema Jerusalem bei Trumps Duell gegen Hillary Clinton allenfalls eine Nebenrolle spielte: Für diese Wählergruppe ist das wichtig. Den Ausschlag, so berichten US-Medien, hätten schließlich Netanjahus Geschichtsvorträge gegeben. Der israelische Ministerpräsident habe Trump davon überzeugt, dass das Weiße Haus einen historischen Fehler korrigiere, wenn es die US-Botschaft in Jerusalem ansiedle.
Einflussreiche Sponsoren
Hinzu kommen einzelne Mäzene – allen voran Sheldon Adelson, ein Kasino-Mogul, der auf der Linie Netanjahus liegt und 25 Millionen Dollar zur Unterstützung Trumps spendete. Er soll laut New
York Times ungehalten reagiert haben, als der neue Präsident im Juni nicht anders handelte als seine Amtsvorgänger und die Verlegung nach Jerusalem erst einmal um die üblichen sechs Monate vertagte.
Auch diesmal schiebt er den Schritt auf – allerdings soll es das letzte Mal gewesen sein. Im Unterschied zu Bill Clinton, George W. Bush und Barack Obama weist Trump seinen Außenminister an, den Umzug einzuleiten. Wie lange es dauert, bis er abgeschlossen ist, weiß im Moment niemand. Bevor ein Botschaftsgebäude gebaut ist, das groß und sicher genug ist, werden wohl Jahre ins Land gehen. Denkbar wäre auch, am Konsulat in Jerusalem ein Messingschild mit der Aufschrift „Embassy of the United States“anzubringen und es kurzerhand zur Botschaft zu erklären. Die meisten der rund eintausend US-Diplomaten säßen dennoch in Tel Aviv.
Ex-CIA-Direktor warnt
In jedem Fall bricht Trump ein Tabu, und auch im eigenen Land prasselt heftiger Widerspruch auf ihn ein. John Brennan, unter Obama CIA-Direktor, spricht von einem außenpolitischen Fehler historischen Ranges, einem hochriskanten Vabanquespiel. Der Nahe Osten werde auf diese Weise noch instabiler, man schade auf Jahre hinaus eigenen Interessen in der Region.