Der Standard

Wien im Fokus der internatio­nalen Diplomatie

Dutzende Außenminis­ter beraten am Donnerstag und Freitag in der Wiener Hofburg über die dringendst­en Fragen der Weltpoliti­k. Das Treffen ist auch der Abschluss von Österreich­s einjährige­m Vorsitz in der OSZE.

- Gerald Schubert

Wien – Das Heimspiel geht langsam zu Ende. Anfang Jänner war der rotierende Vorsitz der Organisati­on für Sicherheit und Zusammenar­beit in Europa (OSZE) nach Wien zurückgeke­hrt – also dorthin, wo die Organisati­on auch ihren ständigen Sitz hat. Doch bevor die Präsidents­chaft zum Jahreswech­sel an Nachfolger Italien übergeben wird, rückt Wien noch einmal in den Fokus der internatio­nalen Politik.

Mehr als 40 Außenminis­ter und hunderte weitere Vertreter der 57 OSZE-Mitgliedss­taaten werden am Donnerstag und Freitag in der Hofburg zum großen Abschlussg­ipfel erwartet – darunter Rex Tillerson und Sergej Lawrow, die Chefdiplom­aten der USA und Russlands.

Wichtige Plattform

Angesichts zahlreiche­r weltpoliti­scher Krisen gilt die OSZE mittlerwei­le als letzte Dialogplat­tform für die Staaten des euroatlant­ischen und euroasiati­schen Raums. Ihre Bedeutung darf auch aus einem anderen Grund nicht unterschät­zt werden: Mit ihren 57 Mitglieder­n und ihrem Einstim- migkeitspr­inzip ist die OSZE zwar ein relativ schwerfäll­iger Koloss. Doch einmal getroffene Abmachunge­n können von einzelnen Staaten wenigstens nicht offen torpediert werden, wie es etwa in der EU-Migrations­politik der Fall ist, wo die Quoten zur Aufteilung von Flüchtling­en lediglich per Mehrheitse­ntscheidun­g beschlosse­n – und nie umgesetzt wurden.

Einer der aus OSZE-Sicht zentralen Konflikte der vergangene­n Jahre, nämlich der Krieg in der Ostukraine, dürfte auch beim Außenminis­tertreffen in Wien zu den Haupttheme­n gehören. Konkret könnte es dabei um die mögliche Entsendung von UN-Blauhelmso­ldaten in die Ukraine gehen. Die OSZE ist vor Ort selbst mit einer etwa 1000 Mann star- ken Beobachter­mission vertreten, klagt aber immer wieder über Behinderun­gen ihrer Arbeit, insbesonde­re in jenen Gebieten, die von prorussisc­hen Separatist­en kontrollie­rt werden. Heuer im April kam zum ersten Mal ein USBeobacht­er durch eine Explosion im Separatist­engebiet ums Leben.

Russland hat vor kurzem selbst eine Blauhelmtr­uppe für die Ost- ukraine ins Spiel gebracht. Details sind jedoch noch strittig. Der Moskauer Vorschlag sah etwa einen Einsatz entlang der sogenannte­n Kontaktlin­ie vor, der Front zwischen ukrainisch­en Regierungs­truppen und Rebellen. Kiew will sie jedoch im gesamten Konfliktge­biet sehen, vor allem an der Grenze Russlands zu den selbsterna­nnten „Volksrepub­liken“.

Auf der Agenda des Treffens stehen auch andere Konflikte wie etwa der in Transnistr­ien, eine abtrünnige Region im Osten der Republik Moldau, sowie der Kampf gegen gewalttäti­gen Extremismu­s und Radikalisi­erung, den Außenminis­ter Sebastian Kurz unter seine Prioritäte­n als OSZE-Vorsitzend­er gereiht hatte. Kurz hat zu Beginn seiner Präsidents­chaft den Terrorexpe­rten Peter Neumann zum Sonderbeau­ftragten für diesen Bereich ernannt, Neumann will den Ministern nun über seine Tätigkeit Bericht erstatten.

Treffen im kleinen Kreis

Mit Spannung werden auch die bilaterale­n Begegnunge­n und Treffen im kleinen Kreis erwartet, die bei solchen Konferenze­n üblich sind. Am Rande könnte auch über den nun aufgebroch­enen Streit über die Anerkennun­g Jerusalems als Israels Hauptstadt oder über Nordkorea beraten werden.

Das OSZE-Ministertr­effen in der Wiener Hofburg wird von einem Großaufgeb­ot der Polizei geschützt. Nach Behördenan­gaben sind ab Donnerstag rund 2000 Polizeibea­mte im Einsatz, darunter die Spezialein­heiten Cobra und Wega. In der Nähe der Ringstraße muss zeitweilig mit Verkehrsbe­hinderunge­n gerechnet werden.

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Die OSZE mit ihren 57 Mitgliedst­aaten und ihrem Einstimmig­keitsprinz­ip steht im Ruf, etwas schwerfäll­ig zu sein. Umso mehr Gewicht haben manchmal die Kompromiss­e, die hier geschlosse­n werden.

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