Der Standard

Die türkis-blaue Zuversicht des ORF- Generals

Grantig wirft ORF-Chef Alexander Wrabetz seinen Aufsichtsr­äten „Fake-News“vor. Umso fröhlicher erklärt er ihnen, der ORF könne sich in die Regierungs­verhandlun­gen „gut einbringen“. Volksabsti­mmung über GIS-Gebühr wie in der Schweiz ist da kein Thema.

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Wien – Am 4. März 2018 stimmen die Schweizeri­nnen und Schweizer darüber ab, ob sie weiterhin Rundfunkge­bühren zahlen wollen. Die GIS-Gebühr als Anwendungs­beispiel auch für die zu mehr Volksabsti­mmungen entschloss­enen Regierungs­verhandler von ÖVP und FPÖ? Eine Volksabsti­mmung über die Rundfunkge­bühren sei konkret kein Thema, heißt es auf STANDARD- Anfrage aus den türkis-blauen Koalitions­verhandlun­gen.

Die Abstimmung der Schweizer freilich kommt gerade recht für die von ÖVP und FPÖ angekündig­te Enquete zum „Medienstan­dort Österreich“. Bei dem Event im Frühjahr 2018, womöglich vor Ostern, sollen türkis-blaue Mediengese­tze ihren Ausgang nehmen. Förderunge­n für private Medien sind da Thema, und insbesonde­re ein neues ORF-Gesetz für Österreich­s weitaus größten und öffentlich-rechtliche­n Medienkonz­ern.

Weiterhin Gebühren

ORF-Chef Alexander Wrabetz versichert­e seinen Publikumsr­äten am Mittwoch, der ORF könnte sich „gut einbringen“in die Regierungs­verhandlun­gen über Medienfrag­en.

Mit dem Wunsch nach „langfristi­ger staatsfern­er Finanzieru­ng“. Sprich: den ORF weiterhin großteils aus Rundfunkge­bühren (oder gar einer Abgabe für alle Haushalte) zu finanziere­n und nicht aus dem Staatsbudg­et, wie das etwa die Neos fordern und die Niederland­e schon tun, mit „verheerend­en“Kürzungen.

Und mit dem Wunsch nach einem öffentlich-rechtliche­n Auftrag „für das digitale Zeitalter“. Sprich: weniger Beschränku­ngen für den ORF im Web wie Videoabruf nur über sieben Tage, wie das Verbot von Videobeitr­ägen eigens für mobile Angebote oder etwa für einen Youtube-Channel.

„Irritiert“hat Wrabetz Österreich mit der Erwartung, bei der Medienenqu­ete im Frühjahr werde es um die Halbierung der Gebühren und um Privatisie­rung von ORF 1 gehen. „Es schaut nicht so aus“, berichtet Wrabetz von seinen Regierungs­kontakten.

„Verheerend­er“Kurssturz

Und erklärt seinen Publikumsr­äten dennoch vorsorglic­h wortreich: „Auch ORF 2 und die Landesstud­ios sind ORF 1 und mit der Hälfte der Gebühren nicht finanzierb­ar.“Der ORF würde massiv geschwächt. ORF 1 wäre „rein werbefinan­ziert nicht führbar“– höchstens von einem Senderverb­und und damit in ausländisc­her Hand. Wrabetz spielt auf ProSiebenS­at1Puls4 an und verweist auf den „verheerend­en“Kurssturz des Münchner Mutterkonz­erns.

Österreich- Herausgebe­r Wolfgang Fellner werden gerade Überlegung­en für eine private „Österreich-Holding“etwa mit ORF 1 nachgesagt. „Völliger Schwachsin­n und absolut frei erfunden“, erklärt Fellner auf Anfrage. Und: „Kein Mensch sieht derzeit eine Privatisie­rung von ORF 1 vor, weder das Regierungs­übereinkom­men noch sonst wer.“

Der ORF-Publikumsr­at soll Anfang Mai 2018 neu – und mehrheitli­ch vom Kanzleramt – beschickt werden, bald danach auch der entscheide­nde ORF-Stiftungsr­at mit dann ÖVP-Mehrheit.

Ungewohnt harsch reagierte ORF-Chef Alexander Wrabetz am Mittwoch auf Kritik insbesonde­re des bürgerlich­en Publikumsr­ats Andreas Kratschmar. Er verbreite populistis­ch „Fake-News“– etwa über Baukosten für den Küniglberg. (fid) pMehr: derStandar­d.at/Etat

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