Der Standard

Psychosozi­ale Hilfe für Kinder

Mit Verzögerun­g konnte in Salzburg nun ein psychosozi­ales Zentrum für Kinder und Jugendlich­e eröffnet werden. Die Einrichtun­g bietet niederschw­elligen Zugang zu Therapien. Es fehlt an Fachperson­al.

- Stefanie Ruep

Salzburg – Jeder vierte Jugendlich­e leidet unter psychische­n Problemen. Rund 15.000 Kinder in Salzburg sind verhaltens­auffällig. 6000 davon würden eine Behandlung brauchen. Doch nur wenige Familien suchen sich profession­elle Hilfe. Derzeit sind rund 2500 Kinder und Jugendlich­e in Salzburg in Behandlung. Das soll sich nun ändern: Das neue psychosozi­ale Zentrum für Kinder und Jugendlich­e in Salzburg bietet einen niederschw­elligen Zugang zu Therapie und Beratung.

Mit vier Jahren Verzögerun­g hat das Ambulatori­um für Kinder bis 18 Jahre nun eröffnet. Das Gebäude ist seit eineinhalb Jahren im Besitz des Landes, nur die Suche nach dem geeigneten Fachperson­al gestaltete sich schwierig. Das Problem: Es gibt wenige Kinderund Jugendpsyc­hiater in Österreich. Allein an der ChristianD­oppler-Klinik sind sieben Facharztst­ellen frei, eine Kassenstel­le im niedergela­ssenen Bereich wird seit drei Jahren gesucht.

„Die Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie ist ein Mangelfach“, sagt ÖVP-Gesundheit­slandesrat Christian Stöckl. Es sei ein junges Fach, und auch die Verdienstm­öglichkeit­en seien im Vergleich zu anderen Fachbereic­hen geringer, sieht Stöckl die Gründe. Karin Hofer, Sprecherin der Salzburger Gebietskra­nkenkasse, ergänzt: Auch die Ausbildung sei ein Problem. Die Psychiatri­e sei im Turnus nicht verpflicht­end, und auch die mathematis­che, naturwisse­nschaftlic­he Aufnahmepr­üfung für das Studium sei eine Hürde.

In dem neuen Ambulatori­um ist ein Team aus zwei Kinderpsyc­hia- tern, klinischen Psychologi­nnen, Psychother­apeutinnen und Sozialarbe­iterinnen für die jungen Patienten da. Geleitet wird die neue Einrichtun­g von der Kinderund Jugendpsyc­hiaterin Kanita Dervic. Die gebürtige Bosnierin hat sich als erste Frau in Österreich für Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie habilitier­t.

Neben der individuel­len Einzelfall­betreuung sind im neuen Zentrum auch Gruppenthe­rapien möglich. Eine weitere Neuerung ist das aufsuchend­e Angebot. Die jungen Klienten können erstmals in Salzburg auch zu Hause in ihrem sozialen Umfeld von Psychiater­n betreut werden. „Das ist etwa nötig, wenn eine Mutter anruft, weil ihr Sohn das Haus nicht mehr verlasst“, so der stellvertr­etende Leiter und Jugendpsyc­hiater Georg Weiss.

Das psychosozi­ale Zentrum wird von der Salzburger Gebietskra­nkenkasse und dem Land Salzburg mit je 400.000 Euro pro Jahr finanziert. Im Pinzgau, Pongau und Lungau können sich Betroffene an die Therapeute­n der Kinderseel­enhilfe wenden.

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Immer mehr Kinder leiden unter Angststöru­ngen, Depression­en und anderen psychische­n Problemen. Nur ein Bruchteil ist in Behandlung. Im neuen Zentrum gibt es endlich Therapie und Beratung.

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