Vorratsdaten:Neuer Anlauf
Auf EU-Ebene diskutieren nationale Minister am Donnerstag über neue Regeln
Brüssel – Während Justiz- und Innenminister europaweit fast einhellig für eine Sammlung von Telekommunikationsdaten plädieren, setzten zahlreiche nationale Höchstgerichte solchen Regelungen in den vergangenen Jahren enge Grenzen. In Österreich ist die Vorratsdatenspeicherung etwa seit einem Urteil des Verfassungsgerichtshofs Geschichte, Deutschland führte trotz eines ähnlichen Urteils eine Version mit kürzeren Speicherfristen ein. Dort werden etwa Standortdaten der Teilnehmer von Telefonaten und mobiler Internetnutzer für vier Wochen gespeichert.
Einblick in Pläne
Am Donnerstag überlegen Justiz- und Innenminister in Brüssel, ob ein neuer EU-weiter Rahmen für Vorratsdaten geschaffen werden kann; dazu stellt sich die Frage, wie derartige Regelungen mit der ab Mai gültigen EU-Datenschutzgrundverordnung in Einklang zu bringen sind.
Der STANDARD konnte nichtöffentliche Dokumente einsehen, die zur Vorbereitung auf das EU-Ratstreffen erstellt wurden. Recht klar ist, dass EU-Datenschutzregelungen „nicht verhindern“sollen, dass die Vorratsdatenspeicherung zumindest auf nationaler Ebene eingesetzt werden kann. Konkrete Ideen für eine „Verhältnismäßigkeit“des Ansatzes werden im Arbeitspapier kaum genannt. Ein vorgeschlagener Grundsatz lautet, dass alternativ „keine weniger eingreifende Maßnahme zur Verfügung stehen darf“, Ermittler also zwingend Vorratsdaten benötigen. Außerdem ist die Rede von einer „gezielten Vorratsdatenspeicherung“, die nur bestimmte geografische Gebiete oder einen „Personenkreis, der in irgendeiner Weise in eine schwere Straftat verwickelt sein könnte“, umfasst. Dabei wird jedoch nicht erläutert, wie groß dieser Personenkreis sein kann – Ermittler können schon jetzt den Datenverkehr von einigen wenigen Verdächtigen überwachen.
Die Arbeitsgruppe schlägt vor, einen „Abzug“bei Datenkategorien vorzunehmen, sodass nur jene Metadaten (etwa Standort, Rufnummer) gespeichert werden, die für die Strafverfolgung notwendig sind. Außerdem könnten Speicheranordnungen flexibel gestaltet sein, je nach „Einschätzung der Bedrohungslage“.
Der Zugriff auf Daten soll „nur bei bestimmten Kategorien von Straftaten“erfolgen. Im Jahr 2013 griffen Ermittler in Österreich wegen „Diebstahls“, „Raubs“oder „Betrugsdelinquenz“auf Vorratsdaten zu. Im Arbeitspapier ist nun von „schweren Straftaten wie organisierter Kriminalität, Terrorismus oder Kindesmisshandlung“die Rede. Aber auch „durch den Cyberspace ermöglichte Straftaten“sollen einen Zugriff auf Vorratsdaten bringen. Die Arbeitsgruppe empfiehlt auch, den Zugriff vorab „durch ein Gericht oder eine unabhängige Verwaltungsbehörde“prüfen zu lassen. Ausnahmen für bestimmte Personenkreise – etwa Psychiater, Anwälte, Journalisten – können erwogen werden, doch „es erscheint unrealistisch“, dass diese Ausnahmen eingehalten werden können.
Das Arbeitspapier macht deutlich, in welche Richtung sich eine europaweite Regelung zur Vorratsdatenspeicherung bewegen könnte. Nun sollen die nationalen Innen- und Justizminister ihre Meinung dazu abgeben. Innenminister Wolfgang Sobotka hatte stets für eine Vorratsdatenspeicherung plädiert, während die FPÖ stets dagegen war. Die Regierungsverhandler wollten dazu keinen Kommentar abgeben. (fsc)