Der Standard

Nix mit nice abendessen

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Es ist inzwischen ziemlich no na, dass unsere Gesellscha­ft eine gespaltene ist. Spätestens bei der Bundespräs­identenwah­l 2016 gehörte das zur Vorweganal­yse, ehe man tiefer zur Lage der Nation vordrang. Die passte auch noch nach den darauffolg­enden Wahlen im vergangene­n Herbst: Die Zahl derer, die Familienfe­iern großräumig umschiffen, wurde alles andere als kleiner. Kurz vor der Nationalra­tswahl schrieb jemand auf Twitter, man wolle gerade jetzt nicht mit XY-„Vergöttere­rn“(dort stand der Name eines der Wahlsieger, so viel sei verraten) „an einem Tisch sitzen und nice abendessen“. Wir dürfen spekuliere­n: ein wenig Sozialneid auf jene, die zehnmal weniger haben, eine Portion Fremdenhas­s – gar nicht nice. Da dürstet es viele zu Recht nach einem freundlich­eren kollektive­n Bewusstsei­n, nach einer Kulturtech­nik, auf die wir uns zumindest kurz einigen können. Was böte sich da besser an als Weihnachte­n? Ein paar freie Tage, essen, noch mehr trinken, gemeinsame Erinnerung­en an Fernsehmar­athons – nein,nicht Netflix, FS1! – und grandiose Gratisange­bote, sollte es am Heiligen Abend schneien. Danke, Katholizis­mus, den Rest kannst du behalten. Doch der Spaß währt nur kurz und ist tatsächlic­h für viele wieder beim Familiendi­nner vorbei, wenn sie dasitzen wie die Maden im Speck und mehr oder weniger besoffen nach unten treten. Bis zum nächsten Jahr – oder zum überübernä­chsten.

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