Topkoch als Road-Rage-Zeuge
Prozess um Handywurf nach Zwist im Verkehr
Wien – „Es soll da Unstimmigkeiten über die Auslegung der Straßenverkehrsordnung gegeben haben“, fordert Richter Christian Böhm Hans S. auf, vom 24. Mai zu erzählen. Der 48-Jährige ist wegen Nötigung und Sachbeschädigung angeklagt: Er soll eine Frau zum Anhalten gezwungen und ihr Handy gegen eine Wand geschleudert haben.
„Die Dame hat mir im Kreisverkehr brutal den Vorrang genommen“, erzählt der Unbescholtene. „Bei der Ausfahrt hat sie wieder eine Vollbremsung gemacht.“Seine Reaktion: „Ich habe ihr zweimal die Lichthupe gegeben. Dann habe ich sie überholt und gesehen, dass sie einparkt und gleich wieder ausparkt. Da habe ich mir gedacht, ich muss schauen, was los ist, vielleicht braucht sie Hilfe.“Er hielt also an und ging zum Auto.
„Ein bisschen aufgebracht“
„Schnell?“, will Böhm wissen. „Nein. Normal. Na ja, vielleicht war ich ein bisschen aufgebracht.“Auch im Saal agiert S. durchaus emotional. „Ich bin zu der Dame hin und habe auf die Scheibe geklopft. Sie ist dagesessen und hat stur nach vorne geschaut. Plötzlich ist das Telefon vor meinem Gesicht gewesen. Ich habe nur hin gegriffen.“Warum das Handy plötzlich über das Autodach auf den Grünstreifen gerutscht sei, wie er behauptet, kann er sich nicht erklären. Er habe es aber si- cher nicht weggeworfen. Die Lenkerin, 43 Jahre alt, sagt, erstens habe S. sie schon davor angehalten. Beim zweiten Mal habe er die Tür aufgerissen und Beleidigungen in die Fahrgastzelle gebrüllt. „Ich habe das Handy genommen, um die Polizei zu rufen.“S. habe ihr aber das Mobiltelefon weggenommen und -geschleudert. Wohin habe sie nicht gesehen, sie habe den Eindruck gehabt, es sei eher ein Wegwerfen aus Ärger gewesen. Die Beschädigungen seien jedenfalls minimal.
Licht in die Angelegenheit kann vielleicht Walter Eselböck bringen, der Spitzenkoch kam damals zufällig des Weges. „Wir wussten zuerst nicht, was los ist, plötzlich griff der Mann ins Auto und warf einen schwarzen Gegenstand gegen die Wand“, sagt der Zeuge. Böhm will wissen, wie der Wurf erfolgte, ob die Wand oder der Grünstreifen das Ziel gewesen sei. Der Zeuge kann sich allerdings nicht mehr genau erinnern.
Dafür ist ihm das Telefonat mit der Polizei in Erinnerung geblieben. Er wollte in der unklaren Situation Hilfe holen. Die Reaktion des Gesprächspartners überraschte Eselböck: „Is a Bluat? Is irgendwer valetzt? Na? Daun kumma ned“, sei ihm beschieden worden.
Der Richter spricht S. schlussendlich nicht rechtskräftig frei. Die Sachbeschädigung will er aufgrund der widersprüchlichen Angaben und des geringen Schadens nicht verurteilen, da er im Zweifel keine Beschädigungsabsicht erkennt.