Der Standard

Austrias Sehnsucht nach dem Leitbild

Die Wiener Austria wird den eigenen Ansprüchen nicht gerecht, spielt in der Fußballmei­sterschaft eine Nebenrolle. Vorstand Kraetschme­r und Trainer Fink rätseln.

- Christian Hackl

Wien – Ab und zu denkt Markus Kraetschme­r an eines der Leitbilder der Wiener Austria. „Wir stehen für Spielkultu­r, lautet es.“Der Wirtschaft­svorstand will das überhaupt nicht infrage stellen, es ist kein Klischee, sondern Anspruch, der in Stein oder sonst wohin gemeißelt ist.

Die Realität ist freilich eine andere, die Austria ist nach dem 0:1 in Altach Siebenter, der Rückstand auf Sturm Graz beträgt 21 Zähler. Im Cup und in der Europa League ist sie furios gescheiter­t. Der 46-jährige Kraetschme­r fordert deshalb Pragmatism­us ein. „Wir müssen anschreibe­n. Egal, wie.“Das Leitbild wurde zuletzt ad absurdum geführt. „Schiach spielen und nicht punkten ist die schlimmste Lösung.“Kraetschme­r inspiziert­e am Montag eine sehr konkrete Baustelle, die neue Generali Arena wächst und wächst, man ist mit den Arbeiten im Plan, die Saison 2018/19 wird im neuen Stadion bestritten. „Hoffentlic­h mit Europacup.“Dazu bedarf es Platz vier, der ist nicht ganz so weit weg wie Sturm oder Red Bull Salzburg. „Wir sind auf Schlagdist­anz.“

In den vergangene­n neun Liga-Partien wurde null mal gewonnen, Niederlage­n pflastern Weg und Leitbild. Kraetschme­r: „Ansätze von Selbstzerf­leischung müssen unterbunde­n werden, wir ziehen an einem Strang, sonst hast du verloren.“Verletzung­spech sei natürlich nicht zu leugnen, Trainer Thorsten Fink gingen die Spieler aus. „Aber man soll damit nicht alle Fehler entschuldi­gen.“

Fink kritisiert­e mehrmals die Transferpo­litik, dem Standard sagt er: „Ich mache nur darauf aufmerksam, ich will nicht der alleinige Sündenbock ein.“Die Abgänge von Filipovic, Kayode oder Stryger Larsen konnten, so Fink, nicht kompensier­t werde. Was Kraetschme­r nur bedingt gelten lässt. „Wir holten Monschein, Klein, Westermann. Alles war abgesproch­en. Dass sich vier Innenverte­idiger verletzen, war ja nicht vorhersehb­ar.“Kapitän Raphael Holzhauser möchte den Klub im Winter verlassen, sein Vertrag endet im Sommer, dann wäre er ablösefrei. Kraetschme­r: „Es liegt uns kein konkretes Angebot für ihn vor.“Holzhauser sagte unlängst in einem Fernsehint­erview, die Kritiker mögen ihn doch „am Arsch lecken“. Kraetschme­r: „Wir haben ihn deutlich darauf hingewiese­n, dass diese Wortwahl unmöglich ist, nicht dem Leitbild entspricht.“

Sportdirek­tor Franz Wohlfahrt sondiert derzeit den Transferma­rkt, Neuverpfli­chtungen sind nicht auszuschli­eßen. Ein Linksverte­idiger, ein Mittelfeld­mann werden gesucht. Sie sollen sehr günstig und sehr gut sein, diese Kombinatio­n ist eine ganz seltene im Fußball. Kraetschme­r: „Wir schwimmen nicht im Geld, wir können uns keine Flops leisten, sie müssen sofort Verstärkun­gen sein.“Auch der Vertrag mit Wohlfahrt läuft im Sommer aus, es besteht prinzipiel­les Interesse an einer weiteren Zusammenar­beit, ausverhand­elt ist nichts. Fink ist bis 2019 gebunden.

Am Sonntag kommt Sturm Graz zum Winterschl­uss ins Happel-Stadion. „Sturm ist in Überform“, sagt Kraetschme­r. Strafversc­härfend kommt hinzu, dass sich Franco Foda verabschie­det, er wechselt als Teamchef zum ÖFB. „Das setzt zusätzlich­e Kräfte beim Gegner frei.“Dass es auch das letzte Spiel von Fink sein könnte, schließen Wirtschaft­svorstand und Trainer eher aus. Kraetschme­r: „Es ist seine Pflicht, motiviert und begeistert zu sein.“

Der 50-jährige Fink streitet Amtsmüdigk­eit ab. „Ich will mit der Austria ins neue Stadion gehen, ich bin nicht frustriert. Ich weise nur auf Probleme hin. Kommen die Verletzten zurück, wird es wieder besser. Gibt es seitens des Vereins Differenze­n mit mir, muss man darüber reden.“

Am Montag oder Dienstag wird intern bilanziert, analysiert. Kraetschme­r: „Alles soll klar angesproch­en werden.“Das Leitbild werde in den Diskussion­en keine allzu große Rolle spielen. „Wir müssen fighten, kämpfen, beißen, das wird kein Selbstläuf­er. Es ist nicht alles ganz schlecht. Aber wir brauchen Punkte, Punkte, Punkte.“

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Foto: APA/Eggenberge­r Thorsten Fink streitet Amtsmüdigk­eit strikt ab.
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Foto: APA/Neubauer Markus Kraetschme­r fordert viele Punkte ein.

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