Der Standard

Athens Verantwort­ung

- Markus Bernath

Zwanzig Monate ist das Abkommen zwischen der EU und der Türkei alt, das den Europäern die Flüchtling­skrise vom Hals schaffen sollte. Umstritten war es immer. Und jetzt beginnt es zu wackeln.

Von der Mitte aus gesehen, von Berlin oder Wien aus, soll bloß Ruhe im Karton sein. Bitte nie wieder Kolonnen von Flüchtling­en auf Straßen und in Zügen auf dem Weg in den reichen Teil der EU. Vom Rand aus gesehen aber, von Lesbos oder Chios aus, soll nun endlich Schluss sein. Bitte nie wieder Gefangenen­insel und Abladeplat­z von Asylsuchen­den für den großen Rest Europas.

Um die geografisc­he Ungerechti­gkeit zu lindern, haben die EU-Staaten ziemlich tief in die Tasche gegriffen. Mehr als eine Milliarde Euro sind seit Beginn des massiven Flüchtling­sstroms 2015 nach Griechenla­nd geflossen – die Hälfte an den Staat, die andere Hälfte an Hilfsorgan­isationen. Der Flüchtling­shandel mit der Türkei im März 2016 hat den Zustrom nicht gestoppt, aber stark verringert. All das um den Preis überfüllte­r Lager, in denen Menschen festgehalt­en werden, bis sie aufgeben und sich freiwillig in die Türkei zurückbrin­gen lassen.

Die Verantwort­ung für inakzeptab­le Lager und langsame Asylentsch­eidungen trägt vor allem Griechenla­nd. Mit der Verlegung von 5000 Menschen aufs Festland macht die griechisch­e Regierung den Winter in den Lagern erträglich­er. Sie lockt aber auch neue Flüchtling­e auf die Inseln.

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