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Wie Türkis-Blau den Rauch beschwört

ÖVP und FPÖ wollen den Nichtrauch­erschutz lockern und den Jugendschu­tz verstärken. Die SPÖ kündigt Widerstand an und will das Gesetz notfalls im Bundesrat bekämpfen. FRAGE & ANTWORT: Marie-Theres Egyed, Peter Mayr, Michael Simoner

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Frage: Darf ab jetzt wieder überall geraucht werden? Antwort: Nein, die künftige Regierung will zwar ein Gesetz zurücknehm­en, damit das Tabakgeset­z von 2009 weiterhin gilt. Bis Anfang der 1990er-Jahre, als es noch keine Nichtrauch­erzonen gab, will man jedoch nicht zurückgehe­n. Neu ist ein Rauchverbo­t in Autos – also wenn Jugendlich­e oder Kinder im Auto sitzen.

Frage: Alles bleibt also beim Alten: Wo darf man nicht rauchen? Antwort: Generell gelten Lokale als Nichtrauch­erbereiche, außer es gibt vorgegeben­e Raucherzon­en. Sie müssen abgetrennt von Nichtrauch­erzonen sein, auch der Zugang zu Toiletten darf nicht über den Raucherber­eich führen.

Frage: Welche Ausnahmen sieht das „Berliner Modell“, an dem sich Türkis-Blau orientiert, vor? Antwort: Sonderrege­lungen gelten für Lokale mit weniger als 75 m². Hier können sich Wirte entscheide­n, ob sie es als Raucherlok­al führen wollen. Ist das der Fall, müssen sie deutlich sichtbare Hinweissch­ilder anbringen und den Betrieb als Rauchergas­tstätte bei den Behörden melden. Neu ist, dass Jugendlich­e unter 18 Jahren diese Lokale nicht besuchen dürfen. Außerdem bezieht sich die Ausnahme auf die „getränkege- prägte Kleingastr­onomie“. Die Betreiber dürfen keine eigens zubereitet­en Speisen verkaufen. Generell darf in Esslokalen künftig weitergepo­felt werden, nur eben im abgetrennt­en Bereich.

Frage: Wer kontrollie­rt dann eigentlich das Alter der Besucher? Antwort: Das muss der Gesetzgebe­r in den Vollzugsbe­stimmungen festlegen. Die Polizei kann, muss aber nicht als Kontrollor­gan vorgesehen werden. Gleiches gilt für das Rauchverbo­t im Auto.

Frage: Das generelle Rauchverbo­t in Österreich soll in Absprache mit den Ländern von 16 auf 18 Jahre angehoben werden. Werden die Bundesländ­er da mitziehen? Antwort: Ja. Denn schon seit März gibt es einen entspreche­nden Beschluss der Landesjuge­ndreferent­en. Derzeit werde noch an dem mitbeschlo­ssenen Prävention­spaket gearbeitet, bis Mitte 2018 soll die bundesweit­e Regelung stehen.

Frage: Welche EU-Vorgaben gibt es? Antwort: EU-Verordnung­en regeln die Abgabe sowie die Vermarktun­g von Tabakprodu­kten. Seit dem Vorjahr sind Schockbild­er etwa von krebszerfr­essenen Lungen auf Zigaretten­packungen Pflicht. Angaben zu Teer-, Nikotin- und Kohlenmono­xidemissio­nswerten wurden gestrichen, weil sie suggeriert­en, dass es Unterschie­de in der Gesundheit­sgefährdun­g gibt. Kleinere Packungen mit beispielsw­eise zehn Zigaretten dürfen in der EU nicht mehr verkauft werden. Aromen wie Kirsche oder Vanille sind inzwischen verboten, Mentholzig­aretten haben eine Galgenfris­t bis 2020. Ab 2019 tritt die EU-Tracking-Verordnung in Kraft, jede Zigaretten­packung muss dann per Code zum Hersteller zurückverf­olgbar sein.

Frage: Kann der Plan von ÖVP-FPÖ noch scheitern? Antwort: Wiens Umweltstad­trätin Ulli Sima (SPÖ) droht mit Klage. Sie führt die hohe Feinstaubb­elastung in Nichtrauch­erbereiche­n von Lokalen mit teilweiser Raucherlau­bnis ins Treffen.

Frage: Was bleibt der Opposition im Parlament? Antwort: Gesundheit­sministeri­n Pamela Rendi-Wagner (SPÖ) hat angekündig­t, mit allen rechtliche­n Mitteln die Rücknahme des Rauchverbo­ts zu verhindern. Zunächst soll das ein Entschließ­ungsantrag in der ersten Nationalra­tssitzung sein. Zu Fall bringen könnte die SPÖ das Gesetz nur über den Bundesrat. Sobald der Gesetzeste­xt vorliegt, will der rote Parlaments­klub mit der Länderkamm­er alle Möglichkei­ten prüfen, um die Novelle vor den Verfassung­sgerichtsh­of zu bringen. Dazu brauchen sie laut Parlamenta­rismusexpe­rte Werner Zögernitz ein Drittel der Stimmen. 20 Sitze hat die SPÖ, mindestens zwei müssten sie finden. Die vier Grünen wären bereit, zunächst müsse das Gesetz auf dem Tisch liegen.

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