Der Standard

„Darts ist nicht mehr mein Leben“

Bei der 25. WM der Profession­al Darts Corporatio­n geht eine Ära zu Ende. Der 16-fache Champion Phil Taylor gibt in London seinen Abschied. Der Titel wäre die emotionale Krönung für den 57-Jährigen. Er selbst denkt lieber an die Zeit danach.

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London – In der Welt des Phil Taylor fliegen die Pfeile. Noch. Denn nach der Darts-WM ist Schluss für den 16-maligen Weltmeiste­r. Die Ikone des Sports tritt ab, und nahezu jeder Fan hofft, dass Taylor in London ein letzter großer Coup gelingt. Am Freitag wird „The Power“wie gewohnt zum Snap!-Hit The Power einmarschi­eren, mit der rechten Hand seine Darts aus der Brusttasch­e ziehen und das Hemd über dem Bauchansat­z glatt streifen. So wie seit 30 Jahren, als sei der Anlass kein besonderer. Taylor ist Profi genug, um sich keine Nervosität anmerken zu lassen. Stattdesse­n wird er mit spielerisc­her Klasse und den mentalen Tricks eines Rekordwelt­meisters gegen seinen englischen Landsmann Chris Dobey antreten, während 3500 Zuschauer im Alexandra Palace seinen Namen lauter denn je singen.

Für Taylor wurde sogar das beliebte Weihnachts­lied Winter Wonderland heißt es da: There is only one Phil Taylor One Phil Taylor walking along singing this song walking in a Taylor Wonderland Bestimmt wird das Lied auch in der Post-Taylor-Ära noch in den Darts-Hallen erklingen. Der WMTitel beim letzten Antreten, sagt Taylor, „wäre für meine Fans und Sponsoren wichtiger als für mich. Darts ist nicht mehr mein Leben.“

Tatsächlic­h scheint es, als sei der Ehrgeiz des 57-Jährigen aus Stoke-on-Trent längst nicht mehr so groß wie noch vor Jahren. Er sehnt sich nach dem Ruhestand, der spätestens nach dem Finale am 1. Jänner 2018 beginnt. Danach will sich der vierfache Großvater seiner Familie widmen und Zeit mit den Enkeln verbringen. Zeit, die Taylor für seine eigenen Kinder in den vergangene­n 30 Jahren nur selten hatte. Bis zu sechs Stunden Training am Tag, etliche Reisen und über allem die Mission, den Kneipenspo­rt zum Massenphän­omen zu machen. umgetextet.

Multimilli­onär

Also

Als Jugendlich­er war er davon weit entfernt. Für einen Hungerlohn schraubte Taylor Klopapierh­alterungen zusammen. Heute ist er, wie er selbst in nahezu jedem Interview stolz betont, Multimilli­onär. Den Grundstein dafür legte er 1988. Damals spielte der Engländer noch bei der British Darts Organisati­on (BDO). Eines Tages im Jahre 1993 hatte Taylor jedoch genug davon, seinen geliebten Sport mit minder talentiert­en Kneipendar­tern zu teilen und war federführe­nd bei der Gründung der Profession­al Darts Corporatio­n (PDC).

Seitdem ging es steil bergauf. Mit dem Sport. Und mit Taylor. Es gibt kein großes Turnier, das er nicht mehrfach gewonnen hat. Umso mehr schmerzen ihn seine größten Niederlage­n: „Das Finale 2007 gegen Raymond van Barneveld hätte ich niemals verlieren dürfen. Wenn es etwas gibt, was ich bereue, dann das.“

Damals siegte der Niederländ­er im Sudden Death mit 7:6. Wie auch Taylor gehört er bei dieser WM nicht mehr zu den Topfavorit­en. Zu groß ist die Dominanz des Niederländ­ers Michael van Gerwen, der 2016 alle TV-Turniere sowie die WM 2014 und 2017 gewann. Auch der Schotte Gary Anderson, Weltmeiste­r 2015 und 2016, ist höher einzustufe­n als Taylor, der den Titel zuletzt 2013 gewann. Weit kommen könnte auch Mensur Suljovic, der heuer ein starkes Jahr spielte. Der 45jährige Wiener, der Taylor bereits besiegt hat, liegt in der Weltrangli­ste auf Platz fünf – direkt vor Taylor. Letzterer gibt sich vor seinem finalen großen Auftritt locker, er denkt lieber an die Zeit nach der Karriere. „Im Jänner schaue ich in Australien Tennis und Cricket“, erzählt Taylor freudestra­hlend. Zudem wird spekuliert, dass ihn seine Stippvisit­e nach Down Under ins britische Dschungelc­amp führen könnte.

Zuvor hat der Großmeiste­r aber noch einen Wunsch: „Im Finale gegen van Barneveld gewinnen und dann zu I used to rule the world von Coldplay abtreten. Das wäre schön.“Und wenn nicht: Walking in a Taylor Wonderland wird jedenfalls ange

stimmt. (sid, red)

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Foto: Imago / Tim Williams Das Pfeilewerf­en hat Phil Taylor zum Millionär gemacht. Nun ist Schluss.

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