Moscheeschändung: Brisante Fehde der Ämter
Bisher unveröffentlichte Akten der Staatsanwaltschaft zur Schändung einer Moschee in Graz werfen brisante Fragen auf – und zeigen eine Fehde zwischen Heeresabwehramt und steirischem Verfassungsschutz.
Frage: Was weiß man bisher über die Moscheeschändung in Graz? Antwort: Am 5. Mai 2016 sollen zwei Verdächtige die Moschee in Graz mit einem Schweinekopf und Schweineblut geschändet haben. Bei einer der zwei Personen handelte es sich um eine Quelle des Heeresabwehramtes – also um einen Soldaten, der seine Kontakte in die rechte Szene für Informationen nutzte.
Frage: Wer war die zweite Person? Antwort: Thomas Kirschner, Chef der rechtsextremen „Partei des Volkes“(PDV). Kirschner wurde sofort verhaftet, Abwehramtsquelle B. am nächsten Tag. Kirschner gab später in der ORFSendung Am Schauplatz an, er wollte mit seiner Teilnahme „ein Zeichen“setzen. In der medialen Darstellung hieß es, dass die Quelle des Abwehramts die Tat provoziert habe. Das wird in den Akten der Staatsanwaltschaft aber von B. bestritten – es gibt starke Indizien, die für seine Version sprechen.
Frage: Welche neuen Infos gibt es? Antwort: B. gab an, dass Kirschner nach der Tat „wie eine Salzsäule dastand“und „keine Anstalten machte, den Tatort zu verlassen“, sogar „von sich aus auf die Polizisten zuging“, die vom Abwehramt alarmiert worden waren. B. konn- te davonspazieren, er wurde erst am nächsten Tag von der Polizei ausgeforscht. Auf eine Anfrage antwortet Kirschner, er habe „kein Interesse zu plaudern“, da der STANDARD „nur Lügen vertreibt“.
Frage: Warum hat die Abwehramtsquelle die Tat ausgeführt? Antwort: Aus den Akten, die dem STANDARD vorliegen, geht hervor, dass Abwehramtsquelle B. seine Vorgesetzten rechtzeitig über die geplante Aktion informierte, aber bis zuletzt nicht sicher war, ob diese wirklich stattfinden sollte. Er hoffte außerdem, dass mehrere Personen erscheinen würden, damit er sich nicht aktiv daran beteiligen musste. Als nur PDV-Chef Kirschner bei der Moschee erschien, wollte B. die Tat hinauszögern, bis die Polizei eintreffen konnte. Das Abwehramt soll den steirischen LVT-Chef per Telefon informiert haben, der verwies es jedoch an den Notruf.
Frage: Welche Rolle spielt das Landesamt für Verfassungsschutz (LVT)? Antwort: Peter Pilz, dem interne Berichte zur Causa zugespielt worden waren, sagte schon im Juli 2016, dass Verfassungsschutz und Abwehramt in der Steiermark „heillos zerstritten“seien. Anzeigen gegen Abwehramtsmitarbeiter sollen durch das LVT einge- bracht worden sein. Das Abwehramt hatte rechtsextreme Gruppen infiltriert, um auf radikale Soldaten aufmerksam zu werden. Über das LVT sagte Pilz, es „sieht am rechten Auge nicht recht gut“.
Frage: Hat der Verfassungsschutz Abwehramtsmitarbeiter geoutet? Antwort: In einem Revisionsbericht des Verteidigungsministeriums ist davon die Rede, dass eine „offensichtlich damals existierende Missstimmung“zwischen Organen des Innen- und des Verteidigungsministeriums in einer „Preisgabe der Identität“eines Abwehramtsmitarbeiters mündete. Abwehramtsquelle B. gab an, dass er bei seiner Vernehmung von den steirischen Beamten unter Druck gesetzt wurde, was zu vermeintlichen Falschaussagen geführt hätte. Weder das Verteidigungsministerium noch das LVT wollten Anfragen des STANDARD beantworten. Auch die Staatsanwaltschaft schweigt.
Frage: Gibt es Intrigen im Abwehramt, und welche Rolle spielt die FPÖ? Antwort: Aktuell dürften die Abteilungen A (militärische Verlässlichkeits- und Firmenüberprüfung, Ausland) und B (Nachrichtendienst) aneinanderkrachen. Abteilung A wird von einem Mitarbeiter geleitet, der 2013 und 2017 bei der Nationalratswahl für die FPÖ kandidiert hat. Für die Infiltration rechtsextremer Gruppen war Abteilung B zuständig. Die FPÖ attackierte mehrfach deren Mitarbeiter. Heinz-Christian Strache hatte im Dezember 2015 Mitglieder der später infiltrierten Gruppen getroffen.