Der Standard

Angriff des Verteidige­rs

Die Verteidigu­ng von Exminister Karl-Heinz Grasser will die Buwog-Anklagesch­rift in ihren Grundfeste­n erschütter­n. Sie strotze vor Unrichtigk­eiten und Auslassung­en, plädierte sein Anwalt. Laut einem Privatguta­chten sind die Zahlungsfl­üsse unverdächt­ig.

- Renate Graber

Ein Verteidige­r von Ex-Minister Grasser startete an Tag drei des BuwogProze­sses den Gegenangri­ff und übt scharfe Kritik an der Anklage.

Wien – Tag drei im Buwog-Prozess gehörte, sozusagen, Karl-Heinz Grasser. Der frühere Finanzmini­ster ist der Hauptangek­lagte im Buwog-Prozess, er soll sich bei der Privatisie­rung der Bundeswohn­ungsgesell­schaften 2004 und bei der Einmietung der Finanz in den Linzer Terminal Tower bestechen haben lassen. Die Anklage spricht von einem „Tatplan der Viererband­e“, zu der sie die Lobbyisten Walter Meischberg­er und Peter Hochegger sowie Immobilien­makler Ernst Plech zählt. All das hatten die Staatsanwä­lte am zweiten Verhandlun­gstag dargelegt.

Am Donnerstag hat Grassers Anwalt, Norbert Wess, gleichsam den Gegenangri­ff gestartet. In seinem rund sechsstünd­igen Plädoyer, das er mit einer Powerpoint­Präsentati­on unterlegte, zerlegte er die Anklagesch­rift in ihre Einzelteil­e. Hatten die zwei Staatsanwä­lte ihr prägnantes Plädoyer in Bezug auf Grasser mit der Überschrif­t „Geld, Gier, Geheimnis“versehen, konterte Wess mit dem Titel „Zeugen, Daten, Fakten“.

In seinen Ausführung­en, in denen er sich stets an die Schöffen wandte, ackerte Wess Punkt für Punkt der Anklage durch. Die strotzt in seinen Augen von Aktenwidri­gkeiten – soll heißen, die Staatsanwa­ltschaft gebe Ermittlung­sergebniss­e falsch wieder oder lasse Material, das Grasser entlasten könnte, schlicht weg, zum Beispiel Zeugenauss­agen.

An dieser Stelle nur zwei Beispiele: So habe Hochegger laut Anklage die belastende­n Schilderun­gen von Zeugen Willibald B., der eine Skizze mit den Tatplanbet­eiligten erstellt hat, in seiner Aussage nicht gleich zurückgewi­esen. „Stimmt nicht“, sagte Wess und zeigte die Zitate aus Hocheggers erster Einvernahm­e.

Entlastend­es weggelasse­n

Der nannte B.s Darstellun­g eine „Frechheit“und B. selbst „ein Schlitzohr“. Auch der Vorwurf, das (erste) Höchstgebo­t der CA Immo (960 Mio. Euro) sei von Grasser über die Lobbyisten zum Österreich­konsortium gelangt, will Wess mit Zeugenauss­agen widerlegen. So habe der spätere Immofinanz-Chef Eduard Zehetner sinngemäß ausgesagt, die 960 Mio. Euro seien in der Branche bekannt gewesen. Auch dieses Zitat werde in der Anklage unterschla­gen, Zehetner sei von der Staatsanwa­ltschaft auch nicht als Zeuge geladen. „So kann man nicht anklagen“, fasst Wess zusammen.

Einen Großteil seines Plädoyers widmete der Verteidige­r aber der Subcausa „Lehman“. Ursprüngli­ch war auch die Auswahl der Investment­bank Lehman angeklagt gewesen; das Oberlandes­gericht (OLG) Wien hat diesen und einen weiteren Punkt aber aus der Anklage gekippt. Im OLG-Beschluss ist von „Milchmädch­enrechnung“der Staatsanwa­ltschaft ebenso die Rede wie von Unschlüssi­gkeiten.

Dass die Verteidigu­ng ihren Finger auf die ohnedies eingestell­ten Punkte legt, macht aus ihrer Sicht Sinn. Sie will belegen, dass der Staatsanwa­lt auch bei den aufrechten Vorwürfen schleißig und nicht objektiv gearbeitet habe. Da sei „Hokuspokus“im Spiel, meinte Wess, „die Anklage ist falsch“.

Die vielen Details aus dem Riesenakt stellten „starken Tobak“für die Schöffen dar, räumte der Grasser-Verteidige­r in seiner stundenlan­gen Abhandlung zwar ein. Um die Anklage zu erschütter­n, sei diese Methode aber zielführen­d, meinten Kollegen von Wess.

Der legte dann auch noch Handfestes vor: ein Gutachten von Wirtschaft­sprüfer Thomas Keppert, der die inkriminie­rten Zahlungsfl­üsse für Grasser geprüft hat und zum Schluss kommt, dass alles rechtens sei.

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