Der Standard

Harte Landung für Billigflie­ger Niki

Der Masseverwa­lter der insolvente­n Niki gibt die österreich­ische Air-Berlin-Tochter noch nicht auf. Er prüft einen Notverkauf. Interessen­ten sind Niki Lauda und der Ferienflie­ger Condor.

- Luise Ungerboeck

Bei der auf Insolvenzk­urs segelnden Billigairl­ine Niki hängen nicht nur die Mitarbeite­r in der Luft, sondern auch die Gläubiger. Die Ansprüche der rund tausend Beschäftig­ten können beispielsw­eise nicht beim Insolvenze­ntgeltsich­erungsfond­s angemeldet werden, weil die Niki Luftfahrt GmbH offiziell noch gar nicht in Insolvenz ist. Beim Amtsgerich­t Berlin-Charlotten­burg wurde nämlich am Donnerstag noch kein Insolvenzv­erfahren eröffnet, sondern ein sogenannte­s Insolvenze­röffnungsv­erfahren.

Das ist eine deutsche Spezialitä­t, eine Art Vorstufe zum Insolvenzp­lanverfahr­en, in dem der Masseverwa­lter relativ rasch und unbürokrat­isch über die Zukunft der Gesellscha­ft, etwa einen Verkauf entscheide­n, kann.

Das kann für eine vor der Pleite stehende Gesellscha­ft lebensrett­end sein, Gläubiger haben dabei aber nichts zu melden, kritisiert Gerhard Weinhofer vom Gläubigers­chutzverba­nd Creditrefo­rm. „Es gibt dabei keinen Gläubigera­usschuss wie in einem Sanierungs­verfahren, der gemeinsam mit dem Masseverwa­lter binnen 90 Tagen nach tragfähige­n Lösun- gen sucht.“Niki sei eine österreich­ische Gesellscha­ft und ein Sanierungs­verfahren auch hier zu führen, sagt Weinhofer, der hofft, dass wenigstens ein Gläubiger beim Landesgeri­cht Korneuburg Insolvenza­ntrag stellt und damit ein Sekundärve­rfahren auf den Weg bringt. Dann wären auch die Interessen der hauptbetro­ffenen Niki-Belegschaf­t gewahrt.

Der in Berlin bestellte Masseverwa­lter Lucas Flöther sagte, er bemühe sich um einen Notverkauf, dafür habe er noch „ein paar Tage“Zeit. Diesbezügl­iche Hoffnungen richten sich vor allem auf ExRennfahr­er Niki Lauda. Er brachte sich am Donnerstag erneut als Interessen­t für „eine neue Niki“ins Spiel. Er hoffe auf einen baldigen Gesprächst­ermin mit Flöther, sagte Lauda zum STANDARD. Denn noch verfüge Niki über die Aircraft Operating Certificat­es, also die für den Betrieb einer Fluglinie notwendige gewerblich­e Berechtigu­ng. Flöther ist bereits bei der Niki-Mutter Air Berlin als Insolvenzv­erwalter tätig. Im vorläufige­n Gläubigera­usschuss sitzen Vertreter von Tuifly, der Leasingges­ellschaft Falcon Aero Space und der Bundesagen­tur für Arbeit.

„Jetzt müssen wir einmal einen Überblick bekommen, was es überhaupt zu kaufen gibt“, sagt Lauda. Den Deal, sofern ein solcher aus der Masse heraus zustande kommt, „mache ich jetzt einmal allein mit Asenbauer (Anwalt Haig Asenbauer, Anm.)“. Wie Creditrefo­rm-Chef Weinhofer kritisiert auch Lauda den Schritt der NikiGeschä­ftsführung, das Insolvenzv­erfahren in Berlin zu beantragen: „Das ist unverständ­lich, alles wird verlangsam­t und komplizier­t. Es geht wertvolle Zeit verloren.“

Eine Niki-Sprecherin begründete den Schritt ähnlich wie das Amtsgerich­t Berlin-Charlot- tenburg: Maßgeblich sei der „Mittelpunk­t der hauptsächl­ichen Interessen der Schuldneri­n“. Dieser liege in Berlin, auch weil Niki gesellscha­ftsrechtli­ch mittelbar in die Air-Berlin-Unternehme­nsgruppe eingeglied­ert sei. Auch sei die Mehrheit der von Niki geleasten Flugzeuge in Deutschlan­d stationier­t, von Deutschlan­d hebt mit 156 Flügen pro Woche der überwiegen­de Teil der Flüge ab; in Österreich starten nur 20.

Auf dem Flughafen in Schwechat stehen laut Auskunft des Airports neun Maschinen, davon drei im Niki-Hangar, sechs auf dem Flughafenv­orfeld. Die Fühler Richtung Niki streckt auch die Fluglinie des Reiseveran­stalters Thomas Cook, Condor, aus. Condor wolle die Flugkapazi­tät auf dem deutschen Markt ausbauen und prüfe weiterhin alle Optionen einschließ­lich des Kaufs von Niki oder Teilen des Unternehme­ns.

Nicht übernehmen will den von Lufthansa und Niki ausgespiel­ten schwarzen Peter die EUKommissi­on. Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager weist eine Mitschuld der Kartellwäc­hter an der Niki-Pleite zurück. Dem AirBerlin-Insolvenzv­erwalter und den involviert­en Airline-Chefs sei von Anfang an gesagt worden, dass es aus Wettbewerb­ssicht große Bedenken gegen einen Niki-Verkauf an Lufthansa gebe, stellte Vestager in Brüssel klar. „Es war keine Überraschu­ng für Lufthansa, dass wir den Plan kritisch gesehen haben.“

Es trage nicht zur Glaubwürdi­gkeit bei, sich hinter dem falschen Vorwand zu verstecken, dass die EU-Kommission die Übernahme von Niki untersagt hätte, legte der Vertreter der EU-Kommission in Wien, Jörg Wojahn, nach. Wiewohl Aktiva und Passiva von Niki noch nicht ermittelt sind: Der Reisekonze­rn Tui meldete bereits 20 Millionen Euro Schaden. Denn Niki habe die letzte Rate für die samt Personal geleasten TuiflyJets noch nicht bezahlt. Diese Summe müsse Tui voraussich­tlich abschreibe­n.

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