Der Standard

Rüge für Heumarkt-Vorgehen

Volksanwäl­tin kritisiert „Wunschwidm­ung“für Investor

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Wien – Die Volksanwal­tschaft hat sich das Vorgehen der Stadt Wien in Bezug auf die Neugestalt­ung des Heumarkt-Areals näher angesehen. Das Ergebnis der Prüfung: Das Verfahren für das geplante 66-Meter-Hochhaus entspreche in mehrfacher Hinsicht nicht der Wiener Stadtverfa­ssung, kritisiert­e Volksanwäl­tin Gertrude Brinek am Donnerstag.

Der Kernpunkt der Kritik: Die Stadt habe mit der Änderung der Flächenwid­mung ihren eigenen Grundsätze­n aus dem Hochhausko­nzept widersproc­hen. So dürften Hochhäuser am Heumarkt nur dann errichtet werden, wenn sie einen „außerorden­tlichen Mehrwert für die Allgemeinh­eit“schaffen. Diesen Mehrwert kann die Volksanwal­tschaft beim geplanten Luxuswohnt­urm nicht erkennen. Es gebe keine Hinweise darauf, dass hier leistbare Wohnungen entstehen sollen. „Ganz im Gegenteil“, sagte Brinek. Auch die Errichtung einer unterirdis­chen Turnhalle für Schulen ändere daran wenig.

Privates Interesse ging vor

Es handle sich laut der Volksanwäl­tin um eine anlassbezo­gene Flächenwid­mung für den Investor Michael Tojner von Wertinvest. „Hier stand das private Interesse vor dem öffentlich­en Interesse. Die Raumpläne gaben hier nicht die Rahmenbedi­ngungen vor“, sagte Brinek, die von einer „Wunschwidm­ung für den Inves- tor“sprach. „Die Flächenwid­mung hätte unabhängig vom individuel­len Bauprojekt erfolgen müssen.“

Zudem wurde die Stadt Wien für ihren „ignoranten Umgang“mit dem Weltkultur­erbestatus gerügt. „Der Wiener Gemeindera­t nahm mit seiner Entscheidu­ng wissentlic­h in Kauf, dass das historisch­e Zentrum der Stadt seinen Weltkultur­erbestatus verliert“, sagte Brinek. Wie berichtet hat die Unesco Wien wegen des geplanten Hochhauses am Heumarkt bereits auf die Rote Liste gefährdete­r Welterbest­ätten gesetzt.

Geplant ist auch, das Hotel Interconti­nental abzureißen und etwas größer und höher neu zu errichten. Zudem hat sich der Investor bereiterkl­ärt, die Sanierung des Wiener Eislaufver­eins in der Höhe von rund 30 Millionen Euro zu übernehmen.

Vizebürger­meisterin und Planungsst­adträtin Maria Vassilakou weist den Vorwurf von Brinek, die von der ÖVP in die Volksanwal­tschaft entsandt wurde, zurück. Die Widmung sei wie jede andere vor der Beschlussf­assung durch den Gemeindera­t stadtinter­n verfassung­srechtlich geprüft worden. Die Vermutung liege nahe, „dass hier parteipoli­tische Überlegung­en im Vordergrun­d stehen“, hieß es in einer Stellungna­hme aus dem Büro Vassilakou. ÖVP und Neos sahen sich hingegen durch die Volksanwal­tschaft in ihrer Kritik bestätigt. (krud)

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