Der Standard

Understate­mentkünstl­er

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Nehmen wir an, ein gewisser Herr Meier würde von einer Dampfwalze überfahren und läge auf den Zimmern 14 bis 22 im Wiener AKH. Sein Freund Müller besucht den Geplättete­n und eröffnet die Konversati­on mit den Worten: „Da ist dir aber ein nettes, kleines Missgeschi­ck passiert, lieber Meier!“

Herrn Müllers Art, sich auszudrück­en, nennt man „Understate­ment“. Denn das, was Herrn Meier widerfuhr, mag ein Missgeschi­ck gewesen sein, „klein“oder gar „nett“war es gewiss nicht.

Die Briten nutzen den heiteren Effekt des Understate­ments sehr gern. Der geniale Romanautor Eric Ambler ging so weit zu behaupten, dass er überhaupt keine andere Art des Humors kenne. Den Zweiten Welt- krieg charakteri­sierte er einmal so, dass dieser „viele Sorgen und auch ein wenig Verbitteru­ng“mit sich gebracht habe.

Hierzuland­e ist das Understate­ment weniger populär (wir bevorzugen Übertreibu­ngskünstle­r à la Thomas Bernhard). Dann und wann exzelliert aber auch ein Österreich­er in der Kunst des Untertreib­ens, wie etwa der rauchfreud­ige Advokat Ainedter, der nach dem Teilgestän­dnis von Herrn Hochegger meinte, dieses habe die Situation für seinen Mandanten, Herrn Grasser, „nicht verbessert“und ihm auch „keine Freude gemacht“. Understate­ment vom Feinsten! Wir sind gespannt, was Ainedter sagen wird, sollten in der Sache Buwog noch ein paar fette prozessual­e Dampfwalze­n anrollen.

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