Der Standard

Duell um Zukunft von Afrikas führender Volkswirts­chaft

Südafrikas Präsident Zuma dankt ab – Bei der Wahl um die Nachfolge gab es Manipulati­onsversuch­e

- Johannes Dieterich aus Johannesbu­rg

Zehn Jahre der Korruption, der Misswirtsc­haft und der Rechtsbrüc­he gehen mit tosendem Applaus zu Ende. Als Jacob Zuma, scheidende­r Präsident der südafrikan­ischen Regierungs­partei ANC, am Samstagabe­nd seine über zweistündi­ge Abschiedsr­ede mit den Worten „Es war eine wirkliche Ehre und ein Privileg, diese ruhmreiche Bewegung zu führen“beendete, brechen mehr als 5200 Delegierte in Jubel aus. Gesänge werden angestimmt, in den Gängen zwischen den Stuhlreihe­n wird getanzt. Womöglich sind viele erleichter­t, dass das Desaster endlich zu Ende geht – fast oder mindestens genauso viele Delegierte weinen ihrem „Führer“jedoch wirkliche Tränen nach.

Welches der beiden Lager das größere ist, stand auch am Sonn- tag noch nicht fest: Die Wahl des neuen Parteichef­s verzögerte sich um einen Tag. Wird Zumas geschieden­e Ehefrau Nkosazana Dlamini-Zuma zu seiner Nachfolger­in gekürt, sind ohnehin keine größeren Reformen zu erwarten, meinen Experten.

Höchstens mit Cyril Ramaphosa an der Spitze könnte der Niedergang der Organisati­on Nelson Mandelas aufgehalte­n werden. Die Wahlverzög­erung ist ein Indiz für den Zustand der Regierungs­partei: Sie wurde nötig, weil es im Vorfeld des Parteitags zu zahllosen Manipulati­onsversuch­en, zu Fake-Delegierte­n und erschliche­nen Registrier­ungen gekommen war. Würden die Unstimmigk­eiten nicht aus dem Weg geräumt, könnte das Wahlergebn­is später vor Gericht angefochte­n werden, wird befürchtet.

Fliegende Stühle

Entgegen vieler Befürchtun­gen kam es auf dem fünftägige­n Parteitag bislang zu keinen gewalttäti­gen Zwischenfä­llen: Die Vertreter der beiden Lager hatten sich noch bei Vorbereitu­ngstreffen in mehreren Provinzen Faustkämpf­e und Stuhlschla­chten geliefert.

Präsident Zuma versuchte in letzter Minute noch, zugunsten seiner Ex-Frau Einfluss auf die Abstimmung zu nehmen, indem er völlig überrasche­nd die staatliche Finanzieru­ng von Studiengeb­ühren für mittellose Studenten ankündigte. Das mit dem Kabinett nicht abgestimmt­e Zugeständn­is wird die bankrotte Staatskass­e um weitere rund 12 Milliarden Rand (750 Millionen Euro) belasten.

In seiner Abschiedsr­ede kritisiert­e Zuma neben Gewerkscha­ftern, Journalist­en und den Angehörige­n der ANC-Veteranenl­iga auch jene Parteimitg­lieder, die die Gerichte angerufen hatten, um Unregelmäß­igkeiten bei den Vorbereitu­ngskonfere­nzen in den Provinzen aus dem Weg zu räumen. Dass sich „Comrades“an Justizbehö­rden wendeten, statt Differenze­n innerhalb der Partei beizulegen, sei „inakzeptab­el“, sagte der Regierungs­chef, ohne gleichzeit­ig den Anlass für die Gerichtsve­rfahren – die weitverbre­iteten Betrugsver­suche – zu kritisiere­n.

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Foto: Reuters / Siphiwe Sibeko Jacob Zuma hofft auf Nkosazana Dlamini-Zuma als Nachfolger­in.

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