Der Standard

Paris macht gegen Airbnb mobil

In keiner Stadt ist das Angebot der Onlineplat­tform Airbnb so umfangreic­h wie in Paris. Der rot-grüne Stadtrat und die Hoteliers gehen nun scharf gegen den Übernachtu­ngsanbiete­r vor. Unter anderem gibt es eine neue Registrier­pflicht bei der Stadt.

- Stefan Brändle aus Paris

In der Stadt der Liebe gibt es derzeit Krach. „Airbnb wähnt sich über dem Gesetz und verhöhnt den Staat“, schimpft ein französisc­her Hotelverba­nd für Berufsreis­ende. „Es ist niederschm­etternd, mit Airbnb wird es immer schlimmer“, fügt der Pariser Wohnzustän­dige Ian Brossat hinzu.

Das Fass zum Überlaufen brachte eine Kreditkart­e, die Airbnb seinen Wohnungsbe­sitzern ausstellte. Ihre Einkünfte aus der Vermietung konnten sie damit bisher auf ein Konto in Gibraltar überweisen. Brossat sieht die Gefahr von „Steuerbetr­ug“und „Geldwäsche“. Unter Druck bläst Airbnb zum Rückzug: Nach einer Vorladung im Wirtschaft­sministeri­um hat die US-amerikanis­che Übernachtu­ngsplattfo­rm diese Woche bekanntgeg­eben, dass sie die sogenannte Payoneer-Karte frankreich­weit aufgebe.

Sie sei ohnehin nur von einem Prozent der Eingeschri­ebenen benutzt worden, spielte Emmanuel Marill, Vorsteher von Airbnb France, die Affäre herunter.

Für die Stadtregie­rung ist das keine Bagatelle. Airbnb befindet sich seit langem in ihrem Visier. Die Hotelbranc­he bietet in Paris die stabile Zahl von 76.000 Zimmern an; Airbnb kommt hingegen auf zweistelli­ge Zuwachsrat­en im Jahr und bereits auf 65.000 Adressen im Großraum Paris – mehr als in New York, Berlin oder London.

Das stört viele Einwohner. Die sozialisti­sche Stadtpräsi­dentin Anne Hidalgo moniert, dass in einzelnen Gebäuden der SeineStadt mehr als die Hälfte der Wohnungen via Internetve­rmittler vermietet werden. Als Folge kennten sich die Nachbarn nicht mehr, dafür litten sie rund um die Uhr unter dem Lärm der Rollkoffer auf dem Kopfsteinp­flaster der Gassen des Quartier Latin oder Marais- Viertels. Mit Unterstütz­ung der Hoteliers führt Hidalgo deshalb seit Jahren einen Kleinkrieg gegen Airbnb und ähnliche Anbieter wie Homeaway, Paris Attitude, Sejourning oder Wimdu.

Vor längerem schon hat sie dafür eine Obergrenze von 120 Übernachtu­ngen pro Jahr durchgeset­zt; wer seine Wohnung häufiger vermietet, muss sich wie ein Berufshote­lier einschreib­en und Abgaben entrichten. Viele Anbieter deklariere­n aber nicht alle Kunden. Dem wird nun ein Riegel vorgeschob­en.

Registrier­ung der Vermieter

Seit 1. Dezember müssen sich Wohnungsan­bieter bei der Stadt einschreib­en; sie erhalten eine Registernu­mmer, die auch in den Airbnb- und anderen Inseraten aufzuschei­nen hat. Damit soll verhindert werden, dass profession­elle Anbieter mehrere Inserate parallel schalten, um die Obergrenze von 120 Tagen zu umgehen. Eingeschri­eben haben sich allerdings erst 20.000 Wohnungsan­bieter. Die Stadt Paris droht neuestens, vor das Handelsger­icht zu gehen und für jeden Tag, an dem die Einschreib­ung unterblieb­en sei, eine Buße von einigen Dutzend Euros ansetzen zu lassen. Alternativ soll Airbnb geahndet werden. Die kommunale RotGrün-Regierung lässt sich seit langem darüber aus, dass Airbnb dank der durchaus legalen Steueropti­mierung in Frankreich weniger als 100.000 Euro an Steuern bezahlt. Das sei „etwa gleich viel oder wenig wie ein Dreisternh­otel in einer Provinzsta­dt wie Périgueux“, ärgert sich der städtische Wohnverant­wortliche Brossat.

Auf Druck der Hotelbranc­he weitet die französisc­he Nationalve­rsammlung nun auch die Kurtaxe auf die Mietplattf­ormen aus. Für eine Wohnung von 100 Quadratmet­ern soll sie bis zu fünf Euro erreichen, wenn der Vorschlag der Kommission angenommen wird.

Das werde nur steigende Preise für die Reisenden nach sich ziehen, meint Timothée de Roux von der Wohnvermit­tlung Abritel-Homelidays. Airbnb informiert die Vermieter seinerseit­s schriftlic­h, welchen steuerlich­en Obliegenhe­iten sie in Frankreich nachkommen müssen. Rund 70 Pariser Vermieter sind in diesem Jahr wegen diverser Finanzverg­ehen bestraft worden. Zur besseren Kontrolle hat die Stadt Paris fünf zusätzlich­e Beamte angestellt.

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Bei dieser Aussicht ist es nicht verwunderl­ich, dass Paris eine bei Touristen begehrte und von Touristike­rn heißumkämp­fte Stadt ist.

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