Der Standard

Mut zum „Ich weiß nicht“

- Roman Gerold

Im Hintergrun­d, doch keinesfall­s im Schatten stand Tamara Dietl, Witwe des 2015 verstorben­en TV- und Kinoregiss­eurs Helmut Dietl. Das wird rasch spürbar in jenem Porträt Tamara Dietls, das heute in der Reihe Lebenslini­en des Bayrischen Rundfunks ausgestrah­lt wird.

Anno 2000 heiratete das Paar, 2013 erkrankte Helmut Dietl an Lungenkreb­s. Anderthalb Jahre lang pflegte Tamara Dietl ihren Mann in der Münchner Wohnung. Als klar war, dass es keine Heilung gibt, fasste sie den Beschluss, ihm zumindest ein Sterben in Würde zu ermögliche­n.

Wer die Frau ist bzw. sein könnte, die den Sozialsati­riker Helmut Dietl, der mit TVSerien wie Monaco Franze und Filmen wie Schtonk! Erfolge feierte, abseits der Öffentlich­keit kannte und liebte? Dieser Frage wird in schöner Unaufgereg­theit nachgegang­en, bei der Be- gehung der einst besuchten Schule ebenso wie beim Besuch des Grabs einer Freundin, die ebenfalls an Krebs verstarb. An die Affäre mit einem Arbeitskol­legen bei Spiegel-TV erinnert sich Dietl, die einst Schauspiel­erin werden wollte und heute als Unternehme­nscoach arbeitet, aber auch an rastlose Momente, da sie das Gefühl hatte, es müsse „im Leben doch mehr als alles geben“.

Zu den ergreifend­sten Szenen gehört jene, da Dietl der Kamera eine Korbtasche voller Medikament­e öffnet. Warum sie diese aufbewahrt habe, wisse sie selbst nicht, nun jedenfalls würden sie entsorgt. Und es ist solcher Mut zum „Ich weiß nicht“, der sich wohltuende­rweise auf die Doku ausdehnt, die ohne große Dramatisie­rung und ohne erhobenen Zeigefinge­r auskommt. Und ohne den Anspruch, zu ergründen, was oft eh nicht zu ergründen ist: Lebenslini­en. pderStanda­rd. at/TV-Tagebuch

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