Frauen, Familie, Obsorge
Gleicher Lohn: Kollektivverträge und die Anrechnung von Karenzzeiten werden geprüft Gemeinsame Obsorge: Raschere Erledigung durch kurze Fristen
Weil Frauen in „Erziehung, Pflege, Bildung, Wirtschaft, Umwelt oder in ehrenamtlichen Tätigkeiten“– wie es im Regierungsprogramm in dieser Reihenfolge heißt – Verantwortung übernehmen, sollen diese Leistungen besser gewürdigt werden. Zudem betonen ÖVP und FPÖ im Kapitel Frauen: „Die Besonderheit beider Geschlechter macht den Mehrwert für die Gesellschaft sichtbar. Die Verschiedenheit von Mann und Frau zu kennen und anzuerkennen ist ein Bestandteil menschlichen Lebens und damit unantastbar mit der Würde des Menschen verbunden.“
Die fünf Kernpunkte der schwarz-blauen Frauenpolitik: „Gleicher Lohn für gleichwertige Arbeit“, wobei das Wort Einkommensschere kein einziges Mal vorkommt, an zweiter Stelle „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“, dann „soziale Sicherheit – auch im Alter“, „Frauengesundheit“und schließlich „Gewaltprävention und Integration von Frauen“. In Sachen gleicher Lohn kündigt man die Prüfung aller Kollektivverträge gemeinsam mit den Sozialpartnern sowie die Anrechenbarkeit von Karenzzeiten an.
Seit Jahren drängt die ÖVP auf die in anderen Staaten weitaus üblichere gemeinsame Obsorge für minderjährige Kinder nach einer Trennung der Eltern. Diese ist in Österreich schon seit Jahren möglich, die SPÖ aber hat immer darauf gepocht, dass ein Kind nur einen Hauptwohnsitz haben kann – meistens den der Mutter. Der Verfassungsgerichtshof hat in Einzelfall- entscheidungen sehr wohl eine Doppelresidenz ermöglicht, das entsprechende Gesetz wurde aber bisher nicht angepasst. Das soll nun geschehen.
Im Justizkapitel des Regierungsprogramms ist unter der Überschrift „Reformen im Zivil- und Familienrecht“von der „Einführung eines Doppelresidenzmodells“die Rede. Bei einem doppelten Wohnsitz entfällt die Verpflichtung des anderen Elternteils zu Unterhaltszahlungen – was Väterorganisationen schon lange fordern, aber Mütter benachteiligen kann. Dem entspricht wohl auch die Absicht, beim Rückersatz von Unterhaltsvorschüssen Doppelresidenz und doppelte Haushaltsführung stärker zu berücksichtigen. Regelungen von Unterhaltsvorschüssen und -exekutionen unter das Existenzminimum werden evaluiert – auch das könnte die Belastung von Vätern verringern, aber Zahlungen an Mütter reduzieren.
Weiters soll die „Phase der vorläufigen elterlichen Verantwortung mit dem Ziel der gemeinsamen Obsorge“modifiziert werden – wahrscheinlich in Richtung rascherer Teilung der Obsorge. In Obsorgeverfahren sollen strikte Fristen eingeführt werden – 14 Tage für die erste mündliche Tagsatzung, maximal acht Wochen für die Stellungnahme der Jugendwohlfahrt.