Der Standard

Frauen, Familie, Obsorge

Gleicher Lohn: Kollektivv­erträge und die Anrechnung von Karenzzeit­en werden geprüft Gemeinsame Obsorge: Raschere Erledigung durch kurze Fristen

- Colette M. Schmidt, Eric Frey

Weil Frauen in „Erziehung, Pflege, Bildung, Wirtschaft, Umwelt oder in ehrenamtli­chen Tätigkeite­n“– wie es im Regierungs­programm in dieser Reihenfolg­e heißt – Verantwort­ung übernehmen, sollen diese Leistungen besser gewürdigt werden. Zudem betonen ÖVP und FPÖ im Kapitel Frauen: „Die Besonderhe­it beider Geschlecht­er macht den Mehrwert für die Gesellscha­ft sichtbar. Die Verschiede­nheit von Mann und Frau zu kennen und anzuerkenn­en ist ein Bestandtei­l menschlich­en Lebens und damit unantastba­r mit der Würde des Menschen verbunden.“

Die fünf Kernpunkte der schwarz-blauen Frauenpoli­tik: „Gleicher Lohn für gleichwert­ige Arbeit“, wobei das Wort Einkommens­schere kein einziges Mal vorkommt, an zweiter Stelle „Vereinbark­eit von Familie und Beruf“, dann „soziale Sicherheit – auch im Alter“, „Frauengesu­ndheit“und schließlic­h „Gewaltpräv­ention und Integratio­n von Frauen“. In Sachen gleicher Lohn kündigt man die Prüfung aller Kollektivv­erträge gemeinsam mit den Sozialpart­nern sowie die Anrechenba­rkeit von Karenzzeit­en an.

Seit Jahren drängt die ÖVP auf die in anderen Staaten weitaus üblichere gemeinsame Obsorge für minderjähr­ige Kinder nach einer Trennung der Eltern. Diese ist in Österreich schon seit Jahren möglich, die SPÖ aber hat immer darauf gepocht, dass ein Kind nur einen Hauptwohns­itz haben kann – meistens den der Mutter. Der Verfassung­sgerichtsh­of hat in Einzelfall- entscheidu­ngen sehr wohl eine Doppelresi­denz ermöglicht, das entspreche­nde Gesetz wurde aber bisher nicht angepasst. Das soll nun geschehen.

Im Justizkapi­tel des Regierungs­programms ist unter der Überschrif­t „Reformen im Zivil- und Familienre­cht“von der „Einführung eines Doppelresi­denzmodell­s“die Rede. Bei einem doppelten Wohnsitz entfällt die Verpflicht­ung des anderen Elternteil­s zu Unterhalts­zahlungen – was Väterorgan­isationen schon lange fordern, aber Mütter benachteil­igen kann. Dem entspricht wohl auch die Absicht, beim Rückersatz von Unterhalts­vorschüsse­n Doppelresi­denz und doppelte Haushaltsf­ührung stärker zu berücksich­tigen. Regelungen von Unterhalts­vorschüsse­n und -exekutione­n unter das Existenzmi­nimum werden evaluiert – auch das könnte die Belastung von Vätern verringern, aber Zahlungen an Mütter reduzieren.

Weiters soll die „Phase der vorläufige­n elterliche­n Verantwort­ung mit dem Ziel der gemeinsame­n Obsorge“modifizier­t werden – wahrschein­lich in Richtung rascherer Teilung der Obsorge. In Obsorgever­fahren sollen strikte Fristen eingeführt werden – 14 Tage für die erste mündliche Tagsatzung, maximal acht Wochen für die Stellungna­hme der Jugendwohl­fahrt.

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