Der Standard

Alpine war erst 2013 pleite

Der Gutachter in der Causa Alpine-Pleite rechnet vor, dass die Zahlungsun­fähigkeit des Baukonzern­s erst im Juni 2013 eingetrete­n und erkennbar geworden sei. Beschuldig­te Ex-Manager könnte das entlasten.

- Renate Graber

Ein Gutachten hält fest, dass die Zahlungsun­fähigkeit des Baukonzern­s erst 2013 eintrat. Das könnte Beschuldig­te entlasten.

Wien – Ab wann war die Baugesells­chaft Alpine insolvent, und wann war die Insolvenz für die Verantwort­lichen erkennbar? Diese Fragen spielen (auch) in den Ermittlung­en der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) zur Causa Alpine eine zentrale Rolle. Der von der WKStA zur Klärung dieser Themen bestellte Gutachter Gerd Konezny hat bereits seine Antwort vorgelegt. Sie lautet: Die Zahlungsun­fähigkeit der Alpine Bau GmbH ist am 18. Juni 2013 eingetrete­n, in der Folge auch jene der Dachgesell­schaft Alpine Holding.

Das ist der Kern des 337-seitigen Gutachtens, das der Wirtschaft­sprüfer am 16. Oktober vorgelegt hat. Der Verdacht der WKStA, aber auch zahlreiche­r Anleger, die um ihr Geld zittern: Die Schieflage des Konzerns wäre schon im Sommer 2009 erkennbar gewesen. Die Insolvenz sei also verschlepp­t, Gläubiger seien dadurch geschädigt worden.

„Positive Signale“

Laut Gerichtsgu­tachten, das dem STANDARD vorliegt, war auch die „Kenntnis der Zahlungsun­fähigkeit“erst ab diesem 18. Juni 2013 „feststellb­ar“. Das begründet der Gutachter in erster Linie mit den „positiven Aussichten durch die geplanten Sanierungs­maßnahmen und den positiven Signalen von Vertretern der (spanischen Eigentümer­in; Anm.) FCC und der Banken“. Anders ausgedrück­t: Bis zu diesem Zeitpunkt durften die (teils beschuldig­ten) Manager bei der Beurteilun­g der Zahlungsfä­higkeit des Konzerns einplanen, dass Eigentümer und Banken dem Unternehme­n beispringe­n.

In der Causa geht es um die Aufarbeitu­ng der größten Insolvenz der Zweiten Republik. Am 19. Juni 2013 war die Alpine unter einem Schuldenbe­rg von rund drei Milliarden Euro zusammenge­brochen, nach einem rasanten Expansions­kurs. Österreich­ische Banken hatten den mitfinanzi­ert: mit zum Teil staatlich garantiert­en Krediten, aber auch via Vertrieb von Alpine-Anleihen. Von 2010 bis 2012 haben rund 8000 Anleger drei Anleihen der Alpine Holding von insgesamt 290 Millionen Euro gezeichnet. Sie dürften am Ende des Tages leer ausgehen.

Mehr als 2000 von ihnen haben geklagt, flapsig gesagt werfen sie den Banken vor, bewusst Anleihen eines längst kranken Unternehme­ns vertrieben zu haben. Rechtskräf­tiges Urteil gibt es in diesem Verfahren noch nicht.

Riesenstra­fverfahren

Das Strafverfa­hren ist komplex: 40 Beschuldig­te gibt es, inklusive zweier Unternehme­n. Die Verdachtsp­alette reicht von Untreue, Bilanzfäls­chung über Betrug bis zur betrügeris­chen Krida. Beschuldig­ten (Ex-)Managern wird etwa vorgeworfe­n, Bilanzen frisiert zu haben, um an Kredite und Bundesgara­ntien zu kommen. Das Ermittlung­sverfahren gegen Banken wurde im Mai eingestell­t.

Gutachter Konezny rechnet vor, die liquiden Mittel der Alpine hätten bis 30. April 2013 gereicht, um die fälligen Schulden zu decken – „unter Berücksich­tigung der von Alpine-Mutter FCC zugesagten und geleistete­n Unterstütz­ungen. Danach war die Liquidität zwar (wie in der zweiten Hälfte 2012) wieder „angespannt“, die Zahlungsfä­higkeit aber durch FCC-Finanzieru­ngszusagen „kurzfristi­g“ gesichert. Langfristi­g habe man die Zahlungsfä­higkeit durch ein am 17. Juni beschlosse­nes Paket aus Zahlungsve­rzicht von Banken und FCC-Zuschüssen sichern wollen. Allerdings kam es anders: Am 18. Juni teilte Alpine-Mutter FCC gemäß Gutachten mit, dass „sie die Zuschüsse nicht leisten wird“. Die Alpine war: pleite.

Die WKStA hat ihre Ermittlung­en nun abgeschlos­sen und einen Vorhabensb­ericht erstellt. Es gilt die Unschuldsv­ermutung.

 ??  ?? Finanziell­e Engpässe gab es in der Alpine schon 2009, die Insolvenz wurde 2013 angemeldet. Der von der Staatsanwa­ltschaft beauftragt­e Gutachter kommt zum Schluss, dass die Pleite wirklich 2013 eintrat.
Finanziell­e Engpässe gab es in der Alpine schon 2009, die Insolvenz wurde 2013 angemeldet. Der von der Staatsanwa­ltschaft beauftragt­e Gutachter kommt zum Schluss, dass die Pleite wirklich 2013 eintrat.

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