Der Standard

Bemühen um Israel

Die Regierung in Wien reagiert auf die Ankündigun­g Israels, FPÖ-Minister nicht offiziell treffen zu wollen, gelassen. ÖVP-Mandatar sieht antisemiti­sche Bedrohung durch Muslime.

- Manuela Honsig-Erlenburg

Der Boykott von FPÖ-Politikern wird vorerst aufrechter­halten, eine eventuelle Neubewertu­ng der Lage folgt noch. Bis dahin werde es zumindest auf Verwaltung­sebene Kontakte zu den FPÖ-Ministerie­n geben. Israels Reaktion auf die Regierungs­beteiligun­g der freiheitli­chen Partei fiel im Jahr 2017 weit weniger stark aus, als bei der letzten blauen Regierungs­beteiligun­g im Jahr 2002. Wie berichtet, ist auch die parteifrei­e Außenminis­terin Karin Kneissl vom Boykott betroffen. Die israelisch­e Botschaft in Wien wies am Dienstag aber darauf hin, dass man sich sehr wohl bewusst sei, dass Kneissl zwar auf einem FPÖ-Ticket sitze, aber selbst kein Mitglied der Partei sei. Die neue Außenminis­terin wollte sich auf STANDARD- Nachfrage am Dienstag zu diesem Thema noch nicht äußern. Sie wolle sich alles erst in Ruhe anschauen, hieß es aus dem Außenminis­terium.

Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache bezeichnet­e es am Montagaben­d im ORF als persönlich­e „Herzensang­elegenheit“, „alle Bedenken“auf israelisch­er Seite gegen seine FPÖ-Minister auszuräume­n. Strache bemüht sich scheinbar schon seit längerem um die Gunst von Israels Regierungs­chef Benjamin Netanjahu. Im Juni soll er Netanjahu einen Brief geschriebe­n haben, in dem er versprach „alles in seiner Macht Stehende zu tun“, um die österreich­ische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen.

Karin Kneissl selbst betonte ihrerseits, dass sich Österreich­s Position zu Jerusalem nicht verändern werde und sich weiter an der EU-Position orientiere­n werde. Diese wurde erst vergangene Woche bei einem Gipfel in Brüssel neuerlich unterstric­hen. Die 28-EU-Chefs, unter ihnen damals noch Christian Kern, distanzier­ten sich darin von der Entscheidu­ng der USA, Jerusalem als Hauptstadt Israels anzuerkenn­en. Das Regierungs­programm betont ebenfalls die Alternativ­losigkeit einer Zwei-Staaten-Lösung. Um Schadensbe­grenzung bemüht, betonte Kanzler Sebastian Kurz am Montag, er habe „vollen Respekt“für die Entscheidu­ng Israels, vorerst keine Kontakte zu FPÖ-Ministern zu pflegen. Am Dienstagna­chmittag traf sich Kurz mit Talya LadorFresh­er, israelisch­e Botschafte­rin in Wien, um das Thema zu besprechen. Das Gespräch sei gut verlaufen, hieß es nach dem Treffen aus dem Kanzleramt.

Schützenhi­lfe aus der ÖVP gab es außerdem vom Mandatar Martin Engelberg in einem Beitrag in der israelisch­en Tageszeitu­ng Haaretz: „Als erster aktiver jüdischer österreich­ischer Abgeordnet­er der Nachkriegs­zeit“unterstütz­e er die Koalition mit der freiheitli­chen Partei, die „ungeachtet ihrer nationalso­zialistisc­hen Wurzeln längst zu einer einwanderu­ngsfeindli­chen, populistis­chen Bewegung geworden ist“, schrieb Engelberg. Natürlich habe die FPÖ ihre Geschichte, aber: „In Österreich kommt die wahre antisemiti­sche Bedrohung von den Muslimen, nicht den Nazis.“

Die erste Auslandsre­ise

Besuche in Israel stehen aber so bald nicht auf der Agenda der Außenminis­terin. Die Destinatio­n für Karin Kneissls erste Auslandsre­ise ist derweil schon bekannt. Sie wird sie angeblich in die Slowakei führen. Auch Ungarn freut sich auf einen offizielle­n Besuch Kneissls, der laut dem ungarische Außenminis­ter Péter Szijjártó für Anfang 2018 bereits vereinbart ist.

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