Die „Luftbrücke“der neuen Koralmbahn
Forscher der TU Wien wendeten erstmals eine revolutionäre Brückenbautechnik an
Wien – Die Grundidee der „Luftbrücke“ist dem Prinzip nach einfach und sei am Beispiel einer Orangenschale illustriert: Wenn man diese regelmäßig und an den richtigen Stellen einschneidet, kann man sie flach auf dem Tisch ausbreiten. Die an der TU Wien entwickelte Baumethode, die sich auf Englisch „Pneumatic Forming of Hardened Concrete“nennt, funktioniert genau umgekehrt.
Man beginnt mit einer ebenen Betonfläche inklusive keilförmiger Aussparungen, die am Ende zu einer runden Kuppel wird. Unter der Betonplatte befindet sich ein riesiges Luftkissen aus Kunststoff, das langsam aufgeblasen wird, wenn der Beton ausgehärtet ist. Hydraulisch gespannte Stahlkabel sorgen dafür, dass der Beton während dieses Vorgangs die richtige Form annimmt.
Entwickelt wurde die spektakuläre Baumethode von Benjamin Kromoser (Institut für Tragkonstruktionen der TU Wien) im Rahmen seiner Dissertation. Nur wenige Jahre nach der wissenschaftlichen Grundlagenarbeit fand die Technik auch schon ihre Anwendung: Konkret wurde damit eine Brücke gebaut, die Wildtiere in Zukunft sicher über die neue Koralmbahn bringen soll, während diese unter der Brücke hindurchgeführt wird.
Die Methode hat verglichen mit herkömmlichen Brückenbautechniken etliche Vorteile: „Man benötigt ein kleines Bisschen mehr Beton, aber dafür 40 Prozent weniger Stahl“, erklärt Benjamin Kromoser. Außerdem sei die Methode energieeffizienter: 40 Prozent der anfallenden Kohlendioxidäquivalente können eingespart werden, und insgesamt ist die neue Methode auch noch billiger. „Wir rechnen damit, dass unsere Methode Einsparungen in der Größenordnung von 15 bis 30 Prozent bringt“, sagt Kromoser.
Dass eine wissenschaftliche Entwicklung innerhalb weniger Jahre den Weg in die Anwendung findet, ist im Baubereich nicht unbedingt üblich. „Wir sind wirklich froh, dass die ÖBB den Mut hatte, ein innovatives Verfahren auszuprobieren. Für die weitere Verbreitung der Methode ist es sehr wichtig, dass nun ein echter Prototyp fertiggestellt werden konnte“, sagt Johann Kollegger, der die Dissertation Kromosers betreute.
„Besonders freut uns auch, dass sich unsere Berechnungen über die Ressourceneffizienz der Methode als richtig herausgestellt haben“, ergänzt Kromoser. (tasch)