Der Standard

Der Leopard und seine Flecken

-

Die vergangene­n Tage sahen wir im TV ein Liebesfest zwischen Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache (der Wiener Wortwitz nennt das „einander mit haaßen Tee anschütten“). ie Frage lautet, ob Sebastian Kurz weiß, mit wem er sich da eingelasse­n hat und ob ihm das egal ist. „Kann ein Leopard seine Flecken ändern?“, fragt das Alte Testament (Jeremiah, 13, 23). Kaum ist die neue Regierung angelobt, zeigt die FPÖ wieder ihre DNA.

Johann Gudenus, neuer FPÖ-Klubobmann im Parlament, schlug vor, Asylwerber in „Quartieren am Stadtrand“unterzubri­ngen. Dadurch zeige man „diesen Migranten, in Österreich ist es doch nicht so gemütlich, wie alle glauben“. Vorschlag: Man könnte diese Massenquar­tiere ja „Komfortbes­chränkungs­zentren“(abgekürzt KZ) oder Gulag („Gudenus-Lager“) nennen. Tatsächlic­h sieht ja das Regierungs­programm vor, dass Asylwerber nicht mehr „individuel­l“in Privatunte­rkünften unterzubri­ngen sind. Gudenus setzt da nur eine Bösartigke­it drauf.

Während Kurz und Strache ihre Einigung präsentier­ten und dem Bundespräs­identen eine EU-konforme Haltung versprache­n, forderten die Rechtsextr­emisten Marine Le Pen und Gert Wilders in Prag die „Zerstörung“der EU. Die FPÖ ist im EU-Parlament in einer Fraktionsg­emeinschaf­t mit diesen Leuten. Sie gedenke derzeit nicht auszutrete­n, hieß es danach.

Die erste Tat des neuen FPÖ-Innenminis­ters Herbert Kickl war es, einen Hauptveran­twortliche­n der rechtsextr­emen Website unzensurie­rt.at, eine Art Breitbart News der FP, zu seinem Pressespre­cher zu machen. Dass Kickl Erfinder

Deines von Haider im Bierzelt verwendete­n Spruchs ist, hat Strache Montag im ORF-Interview dementiert, Kickl aber seinerzeit im Falter selbst zugegeben. Ein rechter Scharfmach­er wie Kickl soll nun rechtsextr­eme Aktivitäte­n überwachen.

Die Tatsache, dass die FPÖ Innen-, Verteidigu­ngs- und Außenminis­terium besetzt, kommentier­te die US-Sowjetexpe­rtin Anne Applebaum mit: „In other words, pro-Russian party controls foreign policy, defense, intelligen­ce.“

Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen wird ziemlich gescholten, weil er es zugelassen hat, dass Innenminis­terium und Verteidigu­ng mit allen Geheimdien­sten in der Hand der FPÖ sind. Verteidige­r des Präsidente­n argumentie­ren ziemlich plausibel, dass er seine beschränkt­en Möglichkei­ten gut genutzt hat – indem er einen Außenminis­ter Norbert Hofer verhindert­e; und dass Inneres und Justiz in FPÖ-Hand kämen, denn dann wäre politische Verfolgung viel leichter, weil Staatsanwä­lte Herren des Verfahrens sind. ie auch immer: Diese Machtzusam­menballung bei einer extrem rechten Partei mit Berührungs­punkten zu Rechtsextr­emen und Neonazis ist nun ein Faktum. Die Frage ist, wie man damit weiter umgeht. Wichtig ist, dass die Opposition­sparteien, vor allem aber die Zivilgesel­lschaft (und die kritischen Medien) kompetenzm­äßig aufrüsten. Die Regierung wird auf vielen verdeckten Ebenen die Politikkoo­rdinaten nach rechts verschiebe­n wollen. Etliche werden sich das schönreden. Der wache Teil der Gesellscha­ft muss sich aber in die Lage versetzen, jede Einschränk­ung der demokratis­chen Kultur, jede freche Ungeheuerl­ichkeit zu erkennen und kühl offenzuleg­en. Es geht jetzt um etwas. hans.rauscher@derStandar­d.at

W

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria