Der Standard

Staatsrefo­rm: Ist jetzt Aufgabe des Justizmini­sters Kompetenz: Sein Einfluss in diesem Bereich ist begrenzt

Ressort ohne Macht

- Maria Sterkl

Es ist paradox: Jener Minister, der dafür sorgen soll, dass die Macht der Landeshaup­tleute beschnitte­n wird, scheiterte dem Vernehmen nach bei der Kür zum Finanzmini­ster an ebendiesen Landeschef­s. Nun ist der frühere Bundesrech­nungshof-Chef Josef Moser also nicht, wie ursprüngli­ch von Kanzler Sebastian Kurz gewünscht, Chef des mächtigen Finanzress­orts, sondern Bundesmini­ster für Justiz „und Staatsrefo­rm“. Klingt nach einem maßgeschne­iderten Auftrag für einen Verwaltung­sreformexp­erten. Aber ist es das auch?

„Er kann nur anregen“

Fakt ist: Moser hat im Bereich der Staatsrefo­rm keinerlei Kompetenz. Dort, wo die größten Wildwüchse bestehen – im Gesundheit­sbereich, im Förderwese­n, im Bildungssy­stem –, sind jeweils andere Ressorts zuständig. Selbst wenn er diese Ministerko­llegen ins Boot holen kann, ist er immer noch auf die Landeshaup­tleute angewiesen. „Moser kann bestenfall­s anregen“, meint auch Föderalism­usexperte Peter Bußjäger im STANDARD- Gespräch, „er kann Arbeitsgru­ppen einrichten und Vorhaben andenken – aber für sich allein kann er nichts schaffen.“Letztlich sei der Minister darauf angewiesen, dass ihm „Kanzler und Vizekanzle­r den Rücken stärken“, sagt Bußjäger. Nur so könne es ihm gelingen, jenes „großräumig­e Einvernehm­en“diverser Anspruchsg­ruppen zu erringen, das Moser für jedes Reformvorh­aben im Bereich Föderalism­us dringend benötigt.

Es sind aber nicht nur die Landeschef­s, die dem Minister einen Strich durch die Rechnung machen könnten. Es ist auch die

Opposition. Sie hat die Möglichkei­t, Reformen im Parlament zu blockieren. Jede Kompetenzä­nderung zulasten der Bundesländ­er braucht nämlich eine Zweidritte­lmehrheit, und zwar nicht nur im Nationalra­t, sondern auch im Bundesrat.

Fraglich ist auch, ob die türkis-blaue Koalition überhaupt weiß, was sie will, wenn es um eine Neugestalt­ung der Bund-LänderBezi­ehungen geht. Das Regierungs­programm sei hier nämlich „alles andere als widerspruc­hsfrei“, sagt Bußjäger.

Ein Beispiel: Laut dem Papier wollen ÖVP und FPÖ künftig nicht mehr Grundsatzg­esetze beschließe­n, die von den Ländern durch Ausführung­sgesetze präzisiert werden. Im selben Atemzug schlägt die Koalition aber vor, ihre Reform der Mindestsic­herung notfalls durch ein solches Grundsatzg­esetz durchzupre­ssen. Ähnlich im Bereich des Bundesdenk­malamts. An einer Stelle des Programms ist von einer „Neuaufstel­lung“des Amtes die Rede, andernorts heißt es, man wolle seine Aufgaben den Ländern übertragen.

In weiten Teilen ist das Arbeitspro­gramm ohnehin eher unbestimmt. Von einer „Bereinigun­g der Kompetenzz­ersplitter­ung“ist die Rede, Aufgabenüb­erschneidu­ngen sollten vermieden werden. Das alles hat man so oder so ähnlich schon oft gelesen. In zwei Punkten wird das Papier konkreter: So sollen Teile des Jugendschu­tzes bundesweit vereinheit­licht werden. Auch in der Bautechnik soll es zu einer Harmonisie­rung kommen. Letzteres habe man aber schon zuvor im Finanzausg­leich vereinbart, sagt Bußjäger – die Koalition nimmt sich also lediglich vor, was schon in der vorigen Legislatur­periode paktiert worden ist.

Im Ö1- Morgenjour­nal am Dienstag forderte Moser jedenfalls eine klare Ergebnisve­rantwortun­g der Gebietskör­perschafte­n sowie Sanktionen für Ineffizien­z.

Wie der Bereich der Staatsrefo­rm im Justizmini­sterium personell und budgetär aufgestell­t sein wird, sei noch in der Schwebe, sagt eine Sprecherin zum STANDARD.

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