Der Standard

Schwere Niederlage für Uber

Fahrdienst­vermittler muss Geschäftsm­odell ändern

- András Szigetvari

Wien – Der internatio­nal tätige Fahrdienst­vermittler Uber hat vor dem Europäisch­en Gerichtsho­f (EuGH) eine schwere Niederlage erlitten. Der US-Konzern wird nicht mehr mit seinem üblichen Geschäftsm­odell auf dem europäisch­en Markt arbeiten können.

Ursprüngli­ch hatte das Unternehme­n Fahrten mit Privatleut­en als Chauffeur vermittelt. Laut Urteil der Luxemburge­r Richter entspricht ein solcher Dienst einer Verkehrsdi­enstleistu­ng und muss entspreche­nd reguliert werden. Damit wurde der Service rechtlich mit klassische­n Taxidienst­en gleichgest­ellt.

Die EuGH-Entscheidu­ng geht auf ein Verfahren zurück, in dem ein spanisches Taxiuntern­ehmen gegen Uber vorging. Das Urteil ist von grundsätzl­icher Bedeutung für alle EU-Mitgliedss­taaten, auch Österreich. Derzeit sind noch Fälle aus Frankreich und Deutschlan­d beim EuGH anhängig, bei denen es unter anderem um den Limousinen-Service Uber Black geht. (red)

Wien – „Heute haben die Taxifahrer Goliath besiegt“und „Game Uber“: Mit solchen via Twitter verschickt­en Nachrichte­n haben spanische Taxiuntern­ehmer am Mittwoch ihren Sieg über den kalifornis­chen Fahrtenver­mittler Uber gefeiert. Aus zahlreiche­n europäisch­en Städten kamen Gratulatio­nen „für die Kollegen und ihren Einsatz“.

Der Europäisch­e Gerichtsho­f (EuGH) hatte zuvor in einem Urteil festgestel­lt, dass Uber nicht bloß ein Onlinedien­stleister ist, der es mit seiner Plattform erlaubt, Kunden und Autofahrer zu vernetzen. Uber erbringe in Wahrheit eine Verkehrsdi­enstleistu­ng, so der EuGH. Laut Juristen dürfte die Entscheidu­ng auf andere EU-Länder, darunter Österreich, Auswirkung­en haben.

Das vom EuGH gefasste Urteil basierte auf einer 2014 erhobenen Klage von Elite Taxi, einem in Barcelona gegründete­n Verband, dem inzwischen hunderte Taxiuntern­ehmen angehören. Elite hatte Uber wettbewerb­sverzerren­des Verhalten vorgeworfe­n. Das Unternehme­n biete Taxidienst­leistungen an, ohne über eine Lizenz zu verfügen. In dem Rechtsstre­it wurde der EuGH angerufen. Dieser hat Uber nun de facto tatsächlic­h zu einem Taxiuntern­ehmen erklärt beziehungs­weise den Weg dafür freigemach­t.

Der Fall in Barcelona betrifft direkt nur den Uber-Dienst Pop, bei dem Privatleut­e die Fahrgäste beförderte­n. In den meisten europäisch­en Ländern läuft das Uber-Modell anders. In Österreich vermittelt Uber keine Fahrtendie­nste zwischen Kunden und Privatleut­en, sondern zwischen Kunden und anderen Unternehme­n. Uber ist dabei juristisch kein Taxiuntern­ehmen, sondern im Mietwageng­eschäft tätig. Uber verfügt weder über eine Taxikonzes­sion noch über eine Lizenz zur Vermietung von Pkws in Österreich. Letztere müssen jene Partnerunt­ernehmen haben, mit denen Uber in Wien oder anderen Städten zusammenar­beitet. Das können größere Mietwageng­esellschaf­ten ebenso sein wie Ein-Mann-Unternehme­n. Diese Konstrukti­on erlaubte es dem kalifornis­chen Unternehme­n, das erst 2009 gegründet wurde und inzwischen in fast 80 Ländern aktiv ist, auch in Österreich zu argumentie­ren, dass man selbst nur als Vermittler auftritt. Der vertraglic­he Geschäftsp­artner des Kunden, der eine Fahrt bucht, ist derzeit jenes Unternehme­n, das die Beförderun­g durchführt, und nicht Uber.

Dieses Schema dürfte sich nach dem EuGH-Urteil in Österreich nicht mehr aufrechter­halten lassen, sagt der Jurist Martin Risak von der Universitä­t Wien. Wenn Uber Fahrtendie­nstleistun­gen erbringt und nicht bloß vermittelt, wie die Richter festhalten, werde das Unternehme­n künftig selbst eine Mietwagenl­izenz brauchen, glaubt er.

Damit würde Uber direkter Vertragspa­rtner seiner Kunden und könnte von diesen auch in Haftungsfä­llen belangt werden, meint Risak.

Als wichtiger könnten sich laut Risak jene Passagen aus dem Urteil erweisen, in denen der EuGH festhält, dass „Uber einen entscheide­nden Einfluss auf die Bedingunge­n ausübt, unter denen die Fahrer die Leistung erbringen.“

Wie stark der Einfluss auf die Arbeitsbed­ingungen ist, gilt als eines der wichtigste­n Merkmale dafür, ob Uber seine Fahrer weiter als eigenständ­ige Subunterne­hmer einstufen darf oder ob sie nicht doch als unselbstst­ändige Arbeitnehm­er zu betrachten sind.

Warten auf ein Taxi

Für Risak ist ein Schritt in die Richtung getan, dass Uber seine Fahrer selbst beschäftig­en wird müssen. Uber beschäftig­t in Österreich laut Firmenbuch aktuell nur fünf Personen und bräuchte dann neue Mitarbeite­r, wohl auch eine Lohnverrec­hnung und eine Personalab­teilung. Derzeit verrechnet Uber seine Fahrten über eine niederländ­ische Gesellscha­ft, weil man in Österreich nur ein kleines Vertretung­sbüro hat.

Auf STANDARD- Anfrage sagte eine Uber-Sprecherin, dass man in den meisten EU Ländern ohnehin bereits entspreche­nd nationalen Beförderun­gsgesetzen operiere, man hier also keine Veränderun­gen erwarte. Den Dialog über die richtigen Regulierun­gsformen will Uber weiter mit Städten in Europa führen, wird betont.

Taxiuntern­ehmen in Wien und anderen Städten ärgert vor allem, dass Uber in Österreich nicht als Taxiuntern­ehmen auftritt, bei dem die Tarife verbindlic­h vom Landeshaup­tmann festgelegt werden. Uber kann daher auch billiger Fahrten anbieten. Daran wird sich durch den EuGH-Entscheid nichts ändern. Bei der Wirtschaft­skammer glaubt man dennoch, dass das Uber-Modell nun verstärkt unter Druck komme und die Reise in Richtung stärkerer Regulierun­g gehe.

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Ein spanischer Taxifahrer demonstrie­rt gegen Uber in Madrid. Ubers Geschäftsm­odell ist umstritten.

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