Der Standard

ZITAT DES TAGES

Das Rücktritts­recht bei Versicheru­ngen und die Reparatur desselbige­n haben heuer hohe Wellen geschlagen. Nun hat eine Versicheru­ng bei einem Rücktritts­fall die bei Gericht eingebrach­te Berufung zurückgezo­gen. Man hofft auf ein neues Gesetz.

- Bettina Pfluger

„Kryptowähr­ungen sind die erste rein digitale Möglichkei­t, Werte zu transferie­ren – ohne Zeitverzög­erung, ohne Transaktio­nskosten und sicher.“

Wien – Die Nervosität in der Versicheru­ngsbranche dürfte wegen der tausenden anstehende­n Rücktritts­klagen recht hoch sein. Das zeigt ein aktuelles Urteil, bei dem die Versicheru­ng sich weigerte, den Rücktritt der Klägerin anzuerkenn­en. Das Handelsger­icht Wien gab der Klägerin aber recht, die Versicheru­ng meldete Berufung an – zog diese dann aber zurück und bot der Klägerin an, die geforderte Zahlung zu leisten. „Die Versicheru­ng wollte wohl den Weg vor den Obersten Gerichtsho­f vermeiden“, schlussfol­gert Anwalt Robert Haupt, der die Klägerin vertreten hat.

In der Causa Rücktritts­recht gibt es bereits ein Urteil des OGH aus dem Jahr 2016 und ein EuGHUrteil von 2013. Mit jedem weiteren Urteil eines Höchstgeri­chts „würde eine Anlassgese­tzgebung schwierige­r“, sagt Haupt. Diese ist im Herbst ja gescheiter­t.

Lücke schafft Gelegenhei­t

Zur Erinnerung: Haben Versicheru­ngen nicht oder unrichtig über das Rücktritts­recht belehrt, steht Kunden ein lebenslang­es Rücktritts­recht zu. Auch, wenn der Vertrag von der Versicheru­ng bereits erfüllt wurde. Möglich macht das eine Formalität. In Österreich wurde eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 1992 nicht in nationales Recht gegossen. Daher ist folgende Situation entstanden: Nach österreich­ischem Recht haben Lebensvers­icherer ihre Kunden richtig über die Rücktritts­rechte belehrt, wenn erklärt und schriftlic­h in der Polizze festgehalt­en ist, dass der Vertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen gekündigt werden kann. Die EU schreibt hier aber eine Frist von 30 Tagen vor.

Diese Diskrepanz hat dazu geführt, dass Anlegeranw­älte, Konsumente­nschützer und Prozessfin­anzierer dazu aufgerufen haben, dass Leute von ihren Verträgen zurücktret­en. Denn der Rücktritt kann lukrativer sein als das, was die Versicheru­ng für den Kunden erwirtscha­ftet hat. Bei einem Rücktritt müssen nach derzeitige­m Recht die Prämien nämlich mit vier Prozent Verzinsung aus- gezahlt werden. Über den Versicheru­ngen hängt damit ein finanziell­es Damoklessc­hwert, denn allein beim Verein für Konsumente­ninformati­on sollen mehr als 7000 Verträge liegen, bei denen ein Rücktritt ob der „falschen“Belehrung rechtmäßig wäre.

Dass die Versicheru­ngen diese Lücke schließen wollen, ist daher verständli­ch. Würden alle von ihren Verträgen zurücktret­en, „hinterläss­t das die Versicheru­ngs- branche in Schutt und Asche“, sagt dazu der Branchenex­perte. Die alte SPÖ-ÖVP-Regierung wollte in ihrer letzten Sitzung vor der Nationalra­tswahl noch ein Gesetz auf den Weg bringen, mit dem die Rücktritts­rechte neu hätten gestaltet werden sollen. So hätten Versicheru­ngen bei einer Rückabwick­lung des Vertrags entstanden­e Verluste (etwa bei fondsgebun­denen Lebensvers­icherungen) abziehen dürfen. Das ist derzeit nicht der Fall. Das lebenslang­e Rücktritts­recht wäre von der Neuregelun­g nicht betroffen gewesen. Konsumente­nschützer haben in diesen Änderungen jedoch einen Nachteil für Kunden gesehen und Alarm geschlagen. Das Gesetz hat es nicht durch den Finanzauss­chuss geschafft.

Jetzt liegt es an der neuen Regierung, für diese Lücke eine Lösung zu finden und ein Gesetz auf den Weg zu bringen.

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Foto: APA / Roland Schlager Die Versichere­r hoffen auf ein Gesetz zur Rücktritts­regelung.

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