Der Standard

Frankreich­s Europamini­sterin: „Wir werden wachsam sein“

Kurz sei proeuropäi­sch, die FPÖ aber rechtsextr­em

- INTERVIEW: Stefan Brändle

Standard: Wie reagieren Sie auf die neue Koalition Österreich­s? Loiseau: Wir werden die Regierung in Österreich nach ihrem Vorgehen beurteilen. Die Bildung der Koalition ist für uns keine gute Nachricht. Wir sind besorgt wegen des Aufkommens der extremen Rechten in weiten Teilen der EU, Frankreich inbegriffe­n. Vergessen wir nicht, dass Emmanuel Macron im Mai gegen die Kandidatin des Front National gewonnen hat.

Standard: Frankreich initiierte im Jahr 2000 Sanktionen gegen die schwarz-blaue Regierung. Ist das heute kein Thema mehr? Loiseau: Die Sanktionen wurden auf bilaterale­r Ebene ergriffen und bestanden darin, österreich­ische Regierungs­vertreter nicht zu empfangen. Sie hielten sieben bis acht Monate und erledigten sich dann von selbst, da sie nichts nützten.

Standard: Wie stufen Sie Sebastian Kurz ein? Loiseau: Kanzler Kurz ist proeuropäi­sch und hat das europäisch­e Engagement seiner Regierung bekräftigt. Er wird im Hinblick auf die österreich­ische Ratspräsid­entschaft im zweiten Halbjahr 2018 die EU-Verpflicht­ungen seines Landes bestätigen. Wir nehmen auch zur Kenntnis, dass Sebastian Kurz und ein Staatssekr­etariat für EU-Fragen zuständig sind. Trotzdem bleiben wir wachsam, ob Österreich die europäisch­en Werte und Abkommen einhält.

Standard: Würden Sie die FPÖ als rechtsextr­em bezeichnen? Loiseau: Natürlich. Deshalb werden wir wachsam sein und ohne Entgegenko­mmen hinschauen.

Standard: Die Sanktionen von 2000 galten Jörg Haider. Hat sich die FPÖ seither geändert? Loiseau: Das werden wir bei der Umsetzung des Koalitions­vertrages sehen. Es gibt Aspekte, die wir nicht teilen. Wohlgemerk­t: Die Regierung ist durch eine demokratis­che Wahl zustande gekommen, und es geht nicht darum, jemandem den Prozess zu machen. Es geht darum, aufmerksam zu verfolgen, welche Entscheidu­ngen die Regierung fällt. Wenn sich das gegen die europäisch­en Werte richtet, werden wir weitersehe­n.

Standard: 2000 waren die FPÖ-Minister in Paris nicht willkommen. Gilt das jetzt auch für Vizekanzle­r Heinz-Christian Strache? Loiseau: Er ist für Beamte und Sport zuständig, und ich glaube nicht, dass es eine Priorität ist, den Vertreter dieser Ressorts zu treffen. Dafür gibt es vorläufig keine bilaterale Veranlassu­ng.

Standard: Und für das Außenminis­terium?

Loiseau: Die österreich­ische Außenminis­terin (Karin Kneissl, Anm.) ist nicht Mitglied der FPÖ, sondern eine Diplomatin, die schon mehrmals nach Paris gekommen ist. Es gibt keinen Grund, sie nicht weiter zu empfangen.

NATHALIE LOISEAU (53) ist seit Juni 2017 Europamini­sterin unter Präsident Emmanuel Macron. Das Gespräch fand bei einem Treffen Loiseaus mit Journalist­en des Pariser Vereins Europresse statt.

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Foto: AFP / Thomas Samson Loiseau: „Bildung der Koalition ist für uns keine gute Nachricht.“

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