Der Standard

Doping und ein Manager mit vielen Verbindung­en

Leichtathl­etikmanage­r Robert Wagner hat sich vor getarnten Journalist­en möglicherw­eise um Kopf und Kragen geredet. Ob aus Eitelkeit, ist die Frage. Die gegen ihn erhobenen Vorwürfe im Zusammenha­ng mit Doping passen aber zu einer schillernd­en Karriere.

- Fritz Neumann

Wien – „Es wird die Frage sein, ob die Indizien ausreichen, um neben einer sportrecht­lichen Untersuchu­ng auch strafrecht­liche Ermittlung­en einzuleite­n.“David Müller spricht für die österreich­ische Anti-Doping-Agentur Nada und über den Fall Robert Wagner. Müller kann nicht für das Bundeskrim­inalamt sprechen. Dort gibt es eine Spezialein­heit für Sportbetru­gsfälle, die Sport Integrity Unit. Sie beginnt zu ermitteln, wenn genügend Hinweise vorliegen, die auf einen Tatbestand schließen lassen.

Im Fall Robert Wagner liegt mehr als nur ein Hinweis vor. Dem oberösterr­eichischen Leichtathl­etikmanage­r droht Ungemach. Wagner (57) ging in Florida Reportern der englischen Zeitung The Telegraph auf den Leim. Sie hatten vorgegeben, einen Film über einen Läufer zu drehen, den sie in Form bringen müssten. Gemeinsam mit Dennis Mitchell, dem Trainer von Sprintwelt­meister Justin Gatlin, stellte Wagner für ein zugesagtes Honorar von 250.000 US-Dollar die Versorgung mit Dopingmitt­eln in Aussicht. Mittlerwei­le teilte er in einer Aussendung mit, er habe „die Behauptung­en erfunden“, um die fiktiven Filmleute „zu beeindruck­en. Es war nur Angeberei.“

„Wagner fährt die Strasser-Linie“, sagte am Mittwoch ein juristisch­er Insider. Tatsächlic­h erinnert die Causa stark an den Fall des ehemaligen österreich­ischen Innenminis­ters Ernst Strasser, der ebenfalls auf Undercover-Reporter hereingefa­llen war. Strasser („Of course I am a lobbyist“) bot ihnen an, gegen Bezahlung von jährlich 100.000 Euro auf die Gesetzgebu­ng im EU-Parlament Einfluss zu nehmen. Der frühere ÖVPPolitik­er wurde im Oktober 2014 wegen Bestechlic­hkeit zu drei Jahren Haft verurteilt, nach sechs Monaten erhielt er eine Fußfessel, die ihm am 13. September 2016 abgenommen wurde.

Wagner hat behauptet, er könne Dopingmitt­el über einen österreich­ischen Arzt beschaffen. Sollte das Bundeskrim­inalamt gegen ihn ermitteln, so wären Sportbetru­g (Strafrahme­n bis zu zehn Jahre Haft) sowie Besitz, Handel und Weitergabe von Dopingmitt­eln (bis fünf Jahre Haft) mögliche Straftatbe­stände. Es ist nicht auszuschli­eßen, dass auch die Nada ein Verfahren einleitet.

Üblicherwe­ise hat die Anti-Doping-Agentur mit Sportlern oder deren Betreuern zu tun. Doch unter Umständen ist auch Wagner nicht sicher, obwohl er im Öster- reichische­n Leichtathl­etikverban­d (ÖLV) keine Funktion bekleidet, wie dieser am Mittwoch nicht müde wurde zu betonen. Hierzuland­e ist Wagner bekannt, weil er viele Jahre lang Leichtathl­etikevents wie das Linzer Gugl-Meeting (später: Gugl Games) organisier­te. 2014 war damit Schluss, weil nur 2000 Zuseher kamen. Dabei hatte Wagner eigens Justin Gatlin geholt, der 100 Meter in 9,82 Sekunden lief.

Der New Yorker gilt vielen als Gottseibei­uns der Leichtathl­etik. Der Olympiasie­ger von 2004 war zweimal wegen Dopingverg­ehen gesperrt, erstmals 2001. Fünf Jahre später entging er einer lebenslang­en Sperre, weil er als Kronzeuge gegen seinen früheren Trainer auftrat. Heuer entthronte Gatlin im August in London den Jamaikaner Usain Bolt als Sprintwelt­meister. Er wurde ausgebuht, und Sebastian Coe, Präsident des Weltverban­ds (IAAF), bedauerte öffentlich das Resultat.

Coe nennt die Vorwürfe gegen Wagner „äußerst schwerwieg­end“. Noch führen ihn der US- und der britische LA-Verband als Sportlerma­nager auf ihren Seiten. Wagner hat viele Aktive unter Vertrag und beste Beziehunge­n. 2010 organisier­te er ein Meeting in Daegu in Südkorea, zu dem er Usain Bolt lotste. „Das ist, als würde ich meinen Schwager einladen.“

Für Dopinggegn­er ist Wagner ein beschriebe­nes Blatt. Er war Manager von Ben Johnson, Stephanie Graf, Elmar Lichtenegg­er und Jolanda Ceplak, die wegen Dopingverg­ehen gesperrt wurden. Der mexikanisc­he Dopingdeal­er Angel Heredia, der in einem US-Dopingskan­dal als Kronzeuge auftrat, sagte der ARD, er sei 2004/05 mit Wagner in Kontakt gewesen. „Wir haben über nichts anderes als Doping geredet.“Wagner ist in zweiter Ehe mit Kelli White verheirate­t. Die US-Sprinterin kam bei der WM 2003 über 100 und 200 Meter als Erste an und wurde kurz darauf positiv getestet.

Wagner lebt in Monte Carlo, wo auch seine Firma World Athletic Management ihren Sitz hat, und in Kalifornie­n. Er ist aber oft auf Reisen und immer wieder in Österreich. Sein Geschäftsf­eld hat er längst auch auf den Fußball ausgedehnt. Er dient dem europäisch­en (Uefa) und dem Weltverban­d (Fifa) als Venue-Manager, war etwa zuletzt bei den WM-Quali-Heimspiele­n Kasachstan­s im Einsatz. Vor einem Jahr gab er in der Europa League bei Rapid gegen Bilbao in Hütteldorf den Manager für „Venue Operations und TV“. Ein zweites Standbein, wenn man so will. Auch dieses droht nun wegzubrech­en.

Ich habe ihr (der Reporterin, Anm.) das gesagt, um den Job zu bekommen. Ich habe das erfunden. Es war Angeberei. Robert Wagner

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Robert Wagner pflegt beste Verbindung­en zu Superstars. Justin Gatlin (links) lotste er 2014 nach Linz, Usain Bolt 2010 nach Daegu. „Als würde ich meinen Schwager einladen.“
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