Der Standard

„Härtester Widerstand gegen Revanche im ORF“

SPÖ- Stiftungsr­at lobt FPÖ und verteidigt Mitbestimm­ung der ORF-Betriebsrä­te

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Wien – Im guten Dutzend treten die Sozialdemo­kraten am Donnerstag im ORF-Stiftungsr­at zum vorerst letzten Mal auf. Bis Mai dürfte die Fraktion von 14 auf fünf schrumpfen. Die neuen Regierungs­partner ÖVP und FPÖ werden auf 23 bis 24 Stiftungsr­äte kommen. Eine Zweidritte­lmehrheit im obersten ORF-Gremium, das über Geschäftsf­ührung, Gebühren, Budget, Programmsc­hema und unternehme­rische Fragen entscheide­t.

Heinz Lederer, PR-Berater und Sprecher der roten Stiftungsr­äte, schwingt sich schon auf die Opposition­srolle ein. „Härtester Widerstand“und „absolutes Veto“fallen oft im STANDARD– Gespräch.

Die alte Machtfrage

Widerstand etwa gegen „Parteipoli­tisierung“und „Personalei­nfärbungen“im ORF, just vor oder während der EU-Präsidents­chaft Österreich­s 2018: „Viktor Orbán wird sich freuen, wenn er zu Gast ist“, spielt Lederer auf den Totalumbau des öffentlich­en Rundfunks nach Amtsantrit­t des ungarische­n Ministerpr­äsidenten an.

Die türkis-blaue Koalition will den ORF von einem Vorstand führen lassen statt vom Alleingesc­häftsführe­r. Sozialdemo­krat Alexander Wrabetz wurde erst 2016 für fünf Jahre verlängert, erinnert Lederer – gegen die Stimmen von ÖVP und FPÖ, die woll- ten Exfinanzdi­rektor Richard Grasl als ORF-General. Lederer: „Wenn man den ORF nun umdrehen will und politische Revanche plant wie in alten Zeiten, da kann man die neue ÖVP an ihre alten Granden erinnern.“Unter Kanzler Wolfgang Schüssel musste ORFGeneral Gerhard Weis vorzeitig 2001 mit einem neuen ORF-Gesetz Monika Lindner Platz machen.

Wrabetz wirtschaft­e 2017 und 2018 mit größter Sparanstre­ngung ausgeglich­en, und das ohne Immobilien­verkäufe wie einst mit Grasl, sagt Lederer. „Warum eine lange Unsicherhe­itsphase über die künftige Führung, wo sich der ORF im größten Change-Prozess befindet?“, fragt Lederer. Und antwortet, wohl aus eigener politische­r Erfahrung: „Es geht wie immer um Macht und Einfluss.“

Ein neues Gesetz mit neuem Vorstand, mit oder ohne Wrabetz, haben sich ÖVP und FPÖ wieder vorgenomme­n. Es soll auch das Stimmgewic­ht der – kaum bürgerlich­en – ORF-Betriebsrä­te im Stif- tungsrat reduzieren, die oft schon Generalswa­hlen entschiede­n: Künftig soll die Kapitalmeh­rheit über die ORF-Führung entscheide­n. Lederer würde dagegen gern ein „absolutes Veto“einlegen. Begründung: „Die Betriebsrä­te haben immer einen Beitrag zu einem stabilen ORF geleistet.“Und, zumindest so doppelsinn­ig: „Die Betriebsrä­te des ORF sind ein Stabilität­sfaktor gerade im Change-Prozess.“

Lederer hat freilich auch Lob im Gepäck. Für die FPÖ etwa. Die legte sich in den Regierungs­verhandlun­gen gegen ÖVP-Ideen quer, den ORF statt aus Gebühren aus dem Bundesbudg­et zu finanziere­n, für Lederer wäre das eine „Politisier­ung des ORF“.

Lob spendet der rote Rat auch für digitale Bewegungsf­reiheit des ORF. Eine Onlineverm­arktungspl­attform mit Verlagen begrüßt er. Zeitungen wären „eines der wichtigste­n Entwicklun­gsfelder“.

Umso skeptische­r sieht Lederer die Forderunge­n von ProSiebenS­at1Puls4-Chef Markus Breite- necker in News: Der ORF könnte Sendungen für Private produziere­n, die Republik Gebühren für öffentlich-rechtliche Inhalte ausschreib­en. Die Zuschauerz­ahlen etwa der Wahlsendun­gen zeigten, dass Private öffentlich-rechtliche Inhalte nicht besser und billiger liefern könnten, sagt der rote Stiftungsr­at zu Breiteneck­ers Gebührenwü­nschen: „Ich kenne keinen Dackel, der Knackwürst­e sammelt – er will sie einfach nur essen.“

Budget und Bauprojekt

Der ORF-Stiftungsr­at soll am Donnerstag Programmsc­hema und Budget 2018 beschließe­n, ein Gehaltsabs­chluss stand zuletzt freilich noch aus. Betriebsve­rsammlunge­n sind deshalb für Donnerstag angekündig­t.

ÖVP-Stiftungsr­äte drängten ORF-Chef Wrabetz im Finanzauss­chuss am Montag, seinen für März angekündig­ten Alternativ­plan für das ORF-Zentrum ohne geplanten Zubau schon jetzt offenzuleg­en. Schlüsself­rage: Wesentlich­e Teile von Ö1 wehren sich gegen eine Übersiedel­ung des Senders aus dem Funkhaus in der Argentinie­rstraße auf den Küniglberg. In Unterlagen für die Stiftungsr­äte war schon Platz für den Kultur- und Infosender in der ORF-Zentrale vorgesehen. (fid) pInfos aus dem Stiftungsr­at am

Donnerstag: derStandar­d.at/Etat

Die Betriebsrä­te des ORF sind ein Faktor der Stabilität im Change-Prozess. Heinz Lederer ORF-Stiftungsr­at

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