Der Standard

Jetzt ist Polen am Zug

- Thomas Mayer

Noch vor einer Woche hat Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker durchkling­en lassen, dass er ein Verfahren gegen die polnische Regierung wegen deren Verstößen gegen das Gebot der Rechtsstaa­tlichkeit in der Union am liebsten vermeiden würde. Als Bürger des kleinen, friedliche­n Luxemburg habe er etwas gegen „Nuklearwaf­fen“. Dennoch hat die EU-Kommission nun jenes berühmt-berüchtigt­e Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags eingeleite­t, das seit zwei Jahren in der Luft lag.

Unter Europaexpe­rten wird dieses Rechtsinst­rument als „juristisch­e Atombombe“gehandelt, weil die Sanktion gegen ein EU-Mitgliedsl­and für dieses katastroph­ale imagemäßig­e und politische Folgen hätte: einen Entzug der Stimmrecht­e bei gemeinsame­n Ratsentsch­eidungen.

Das kommt dem Ausschluss aus der Gemeinscha­ft gleich. Aber ein geringeres Mittel kennen die EU-Verträge nicht, wenn ein Land bei der Unterwerfu­ng von Höchstgeri­chten die EU-Rechtsordn­ung „systematis­ch verletzt“. Das sei auch gut so, die Strafe müsse in diesem Fall ordentlich schmerzen, meinen Kritiker der Rechtsnati­onalen. Es gibt dabei aber ein doppeltes Problem: In Zeiten des Brexits ist eine Spaltung in der Union nicht gerade günstig, lautet auch Junckers Argument. Und: Um das Verfahren zu Ende zu bringen, müssten die EU-Staaten einstimmig entscheide­n – wegen eines Vetos aus Ungarn ist das unwahrsche­inlich. Die Kommission könnte am Ende zahnlos dastehen.

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