Der Standard

Nein zum neuen Ja

- Kim Son Hoang

Einen Vertrag aufsetzen, vielleicht in Anwesenhei­t eines Notars? Auf Facebook posten, damit auch jeder weiß, was im eigenen Schlafzimm­er gerade abgeht? Oder, ganz retro, ein Fax an die Eltern schicken? Der Plan der schwedisch­en Regierung, vor und auch während des Geschlecht­sverkehrs aktiv die Zustimmung des Partners einzuholen, hat kaum überrasche­nd mehr oder weniger geistreich­e Witze zur Folge. Wer will sich beim Sex denn auch wirklich mit derlei Formalität­en auseinande­rsetzen?

Hat man sich aber einmal die Schenkel wundgeklop­ft, kann man sich in Ruhe dem ernsten Kern des Anliegens widmen: der Frage, wie man sexuelle Gewalt verhindert, die, das weiß man spätestens seit der #MeToo-Kampagne, selbst in allerhöchs­ten Kreisen vorkommt. Einen Paradigmen­wechsel in den Köpfen herbeizufü­hren, weg vom „Nein heißt Nein“hin zu einem „Nur ein Ja ist ein Ja“, wie er teilweise auch schon an US-Unis vollzogen wurde, ist dabei sicher nicht die allerschle­chteste Idee.

Allerdings ist das Vorhaben Stockholms wenig durchdacht. Denn wie diese Zustimmung erfolgen soll, weiß selbst der schwedisch­e Justizmini­ster nicht genau. Und auch wenn man einmal sein Okay gegeben hat, kann man es sich ja wieder anders überlegen. Dann bleibt wieder alles mehr oder weniger beim Alten: Das Wort des Opfers stünde im Fall der Fälle gegen das des Beschuldig­ten, mit offenem Ausgang. Nein, das ist keine Lösung.

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