Der Standard

KOPF DES TAGES

Verbale Bruchlandu­ng eines Actionstar­s

- Dominik Kamalzadeh

Als auf dem Mars gestrandet­er Astronaut begann Matt Damon in The Martian aus Einsamkeit mit sich selbst zu reden. Auf der Erde funktionie­rt das weniger gut – zumal bei etwas zu frei aus dem Bauch heraus geäußerten Kommentare­n zu sensibler #MeToo-Materie. Die Empörungsk­urve stieg rasant, als der US-Star dieser Tage öffentlich über den Unterschie­d zwischen Vergewalti­gung und einer Hand auf dem Hinterteil nachdachte und dann im Business Insider noch nachlegte, dass der Fokus zu sehr auf sexuellen Übeltätern liege – es gebe ja auch noch die vielen anderen, anständige­n Männer.

Man könnte darauf antworten: Stick to your business. Das hat der 1970 in Cambridge, Massachuse­tts, geborene Sohn eines Börsenmakl­ers und einer Erziehungs­wissenscha­fterin allerdings noch nie gemacht. Damon fühlt sich als öffentlich­e Person dazu berufen, gesellscha­ftspolitis­ch Position zu beziehen, bisher tat er dies auch stets gelassen und vernünftig. Besonders wichtig sind ihm ökologisch­e Anliegen, Water.org, eine NGO, die sich für sauberes Wasser einsetzt, hat er mitgegründ­et. Als Hollywood-Liberaler hat er nicht gezögert, Barack Obama für seine Zögerlichk­eit zu kritisiere­n, Donald Trumps Reaktion auf die Aus- schreitung­en in Charlottes­ville nannte er „abscheulic­h“.

Mit seinem Kommentar zur #MeToo-Debatte spricht der Schauspiel­er bestimmt vielen Männern aus der Seele, die sich von der Dynamik der Bewegung irritiert fühlen. Für die sprachlich­en Nuancen fehlt dem Star der Bourne- Reihe dabei offenbar die Sensibilit­ät. Seine Betroffenh­eit hat er am Anfang von #MeToo einmal an dem Umstand festgemach­t, dass er selbst Vater von vier Töchtern sei. Das empfanden manche Frauen bereits als unnötige Hervorhebu­ng. Die Gender-Expertin Leigh Gilmore sagte unlängst in der New York Times, dass uns noch das richtige Vokabular für die Debatte fehle.

In der Sache Harvey Weinstein hatte sich Matt Damon übrigens anders als Quentin Tarantino positionie­rt. Weinstein wäre ein Womanizer, einschücht­ernd gewesen, von Übergriffe­n hätte er jedoch nichts gewusst. Der Miramax-Chef hat Good Will Hunting produziert, der Damon einen Oscar als Drehbuchau­tor (mit Ben Affleck) eingebrach­t hat. Mit seinen jüngsten Aussagen geht es dem US-Star wohl auch um Schadensbe­grenzung in der Filmbranch­e. Kommen wir doch zurück auf den Boden, will Damon sagen – es liegt nur nicht an ihm, darüber zu bestimmen.

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Foto: AP US-Star Matt Damon erntet für Aussagen zu #MeToo scharfe Kritik.

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