Durchschummeln, heimliche Arbeitslose und Einladungen zum Nichtstun: Was die Befürworter sagen
Als Anreiz für Arbeitslose, rascher und mit mehr Einsatz einen Job zu suchen: So umreißt Wolfgang Mazal, als Berater der ÖVP bei den Koalitionsverhandlungen dabei, das Motiv hinter dem Arbeitslosengeld “neu“. Der Arbeitsrechtsprofessor – laut Eigenaussage zwar nicht Architekt, aber Ideengeber für die Reform – sieht einen Denkfehler im derzeitigen System: Zwar sind die Leistungen der Arbeitslosenversicherung im EU-Vergleich nicht üppig, doch dafür bis zur Pension garantiert. Dieses „falsche Signal“lade dazu ein, sich mit einem Leben ohne Erwerb zu arrangieren, sagt Mazal: „Die Motivation zum Arbeiten geht verloren.“
Besser mehr Geld, aber dafür nicht so lange
Klüger sei es, sich an Ländern wie Dänemark ein Vorbild zu nehmen. Diese zahlten ein höheres Arbeitslosengeld, aber eben nur für eine eng begrenzte Zeit – ein großer Antrieb für Arbeitslose, flott wieder auf eigene Beine zu kommen, glaubt Mazal. Keine andere Intention stecke hinter den türkis-blauen Plänen, berichtet der Experte: „Solange ich bei den Verhandlungen war, war immer klar, dass die Höhe des Arbeitslosengeldes in der ersten Zeit angehoben werden soll.“
Doch warum braucht es zusätzlichen Druck auf den Geldbeutel, wo unwilligen Arbeitslosen doch längst die Streichung von Leistungen droht? Wege zum Durchschummeln fänden sich immer, so ein Argument, außerdem lasse langes Nichtstun Menschen geistig und körperlich verfallen. Viele seien dann schlicht und einfach nicht mehr vermittelbar.
Das versteckte Arbeitslosenproblem
Der Hinweis, dass Österreich im EU-Vergleich verhältnismäßig wenige Langzeitarbeitslose aufweist (siehe Gegenargu
mente rechts), ficht Mazal nicht an. „Wir haben sehr wohl ein Arbeitslosigkeitsproblem“, sagt er: „Nur verstecken wir dieses bei den Jungen in langer Ausbildungszeit und bei den Alten in den Frühpensionierungen.“Kanzler Kurz argumentiert überdies mit der Gerechtigkeit: Wer Arbeitslosengeld und danach Notstandshilfe erhalten will, muss 52 Wochen in den letzten zwei Jahren gearbeitet haben; dass jemand nach so kurzer Zeit auf Kosten der Allgemeinheit lebe, ohne sein Vermögen ausgeben zu müssen, sei nicht fair.
Notstandshilfe ist oft nicht mehr als Mindestsicherung
Außerdem lässt sich ins Treffen führen: Durch die Reform würden keinesfalls so viele Menschen an Einkommenverlieren, wie Gegner behaupten. 167.000 Menschen haben 2016 Notstandshilfe bezogen, bei den allermeisten, nämlich 135.200, lag sie unter oder bei 880 Euro im Monat – inklusive der Familienleistungen für Partner oder Kinder. Eine genauere Rechnung hat das AMS nicht. Die Zahl zeigt aber, dass ein großer Teil der Notstandshilfebezieher wegen des niedrigen Vorverdienstes finanziell nicht oder kaum bessergestellt sind, als Bezieher der Mindestsicherung, die im Gros der Bundesländer für Einzelpersonen bei etwa 840 Euro liegt.