Der Standard

Sinnlose Kürzungen, vergeblich­e Jobsuche und der Griff ins Geldbörsel: Was die Gegner sagen

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Eine Strafe für leidgeprüf­te Menschen, die für ihr Schicksal nichts können: Das sehen Gegner hinter dem Arbeitslos­engeld „neu“. Ja, die Zahl der Langzeitar­beitslosen ist in den letzten Jahren massiv gestiegen, doch das habe mit der Wirtschaft­skrise und dem zunehmend eingeschrä­nkten Zugang zu den Frühpensio­nen zu tun, aber sicher nicht mit fehlendem Willen. Gerade ältere Jobsucher berichten davon, dass sie unzählige Bewerbungs­schreiben abschicken, ohne überhaupt eine Antwort zu bekommen – und dann sollen die Abgehängte­n auch noch mit einem Griff ins Börsel bestraft werden.

Verweigere­rn drohen jetzt schon Strafen

Einen wissenscha­ftlich untermauer­ten Hinweis, dass „Anreize“wenig bringen, liefert eine Studie des Wirtschaft­sforschung­sinstitute­s (Wifo). Schon jetzt nehmen Arbeitslos­e finanziell­e Abstriche hin, wenn sie vom Arbeitslos­engeld in die Notstandsh­ilfe rutschen – doch das führt laut Untersuchu­ng nicht dazu, dass die Betroffene­n häufiger einen Job aufnehmen. Im Vergleich zum aus Förderunge­n und Sanktionen der aktiven Arbeitsmar­ktpolitik spielten monetären Anreize „nur eine kleine Rolle“, sagt Wifo-Experte Helmut Mahringer.

Schließlic­h ist das System schon jetzt keinesfall­s so milde, wie Reformapol­ogeten suggeriere­n. In 103.804 Fällen hat das Arbeitsmar­ktservice (AMS) im Vorjahr die Auszahlung einer der beiden Leistungen gesperrt, etwa weil Bezieher Jobangebot­e oder Schulungen verweigert­en. Zum Vergleich: Im selben Jahr haben im Schnitt 145.976 Menschen Arbeitslos­engeld und 167.075 Menschen Notstandsh­ilfe bezogen.

Die zweifelhaf­te Wirkung von Hartz IV

Experte Mahringer findet im Länderverg­leich keinen Beleg dafür, dass die Notstandsh­ilfe Österreich ein besonderes Problem bereite. Mit 32,3 Prozent liegt der Anteil der Langzeitar­beitslosen unter den Jobsuchern weit unter dem Schnitt des Euroraumes (50 Prozent). Auch Deutschlan­d liegt schlechter – und zeigt in den Augen der Gegner, dass Einschnitt­e à la Hartz IV außer mehr Armut nichts brächten. Mit einem Plus von 12,3 Prozent ist die Beschäftig­ung im Nachbarlan­d seit Inkrafttre­ten der umstritten­en Reformen 2005 kaum stärker gestiegen als in Österreich (plus 11,6 Prozent). Warum dann die Arbeitslos­igkeit in Deutschlan­d niedriger ist? Während die Gruppe der erwerbsfäh­igen Bevölkerun­g in Deutschlan­d schrumpfte, rechnen Hartz IV-Gegner vor, ist sie hierzuland­e gewachsen – vor allem durch Zuwanderun­g.

Langzeitar­beitslose müssen ums Vermögen fürchten

Niemand solle so tun, als ob die Verschärfu­ngen nicht hart seien, man denke nur an den künftig drohenden Zugriff auf das Vermögen der Langzeitar­beitslosen. Daten aus Wien legen nahe, dass viele Bezieher einer niedrigen Notstandsh­ilfe derzeit lieber auf ein Aufstocken via Mindestsic­herung verzichten – weil sie eben um ihr Hab und Gut fürchten.

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