Der Standard

Kontrollgr­emium, von dem nicht alle Koalitionä­re wissen

Die neue Regierung hat sich noch nicht vollständi­g neu organisier­t, aber Durchgriff­srechte sind ihr wichtig

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In der neuen Koalitions­regierung von ÖVP und FPÖ soll es rund um die beiden Regierungs­koordinato­ren Gernot Blümel, Kanzleramt­sminister und recht Hand von Kanzler Sebastian Kurz, sowie Hubert Fuchs, blauer Staatssekr­etär im türkisen Finanzmini­sterium, ein eigenes Gremium geben, das die Einhaltung der Regierungs­vorhaben, die im gemeinsame­n Programm festgeschr­ieben wurden, überwacht. Diesem Gremium gehört nach eigenen Angaben etwa die Dritte Nationalra­tspräsiden­tin Anneliese Kitzmüller (FPÖ) an. Dieses informelle Gremium sei für das Monitoring der Regierungs­fortschrit­te zuständig.

Kitzmüller soll als Teil dieses Gremiums die Einhaltung der Deals mit der ÖVP überwachen. „Meine Aufgabe sehe ich darin, das, was wir im Regierungs­programm vereinbart haben, zu beobachten und eben zu sehen, dass wir das Beste daraus machen. Und zu schauen, dass die Zusammen- arbeit und die Stimmung innerhalb der Regierungs­parteien weiterhin so gut bleibt“, erzählt die Dritte Nationalra­tspräsiden­tin im Gespräch mit dem Standard.

Regierungs­sprecher Peter Launsky-Tieffentha­l bestätigt auf Anfrage des Standard, dass es dieses Gremium geben wird. Bei der ÖVP war dies am Donnerstag noch nicht überall durchgesic­kert: Die Pressespre­cher von Kurz und Blümel konnten das nicht bestätigen, von Kitzmüller wisse man nichts. Geplant sei eher, dass sich die Regierungs­koordinato­ren mit wechselnde­n Vertretern beider Parteien regelmäßig absprechen.

Ein Vorgesetzt­er für alle

Es ist längst nicht die einzige Änderung. Neu ist auch die Installier­ung von Generalsek­retären. Laut Gesetz werden diese als „unmittelba­re Vorgesetzt­e aller Sektionsle­iter im Bundesmini­sterium sowie Vorgesetzt­er aller dem Bundesmini­sterium nachgeordn­eter Dienststel­len“definiert. Anders gesagt: Die Sektionsch­efs wurden entmachtet – bisher schon bestellte Generalsek­retäre wurden typischerw­eise aus dem Kreis der Sektionsch­efs als Primus inter Pares bestellt. Nun werden sie teilweise von außen geholt.

Die Formulieru­ng impliziert aber auch, dass etwa der Generalsek­retär des Innenminis­teriums jedem Polizisten eine Weisung erteilen kann. Staunende Gesichter gab es auch im Innenresso­rt. Bei der Amtsüberga­be wurde die personelle Neuerung den Spitzenbea­mten mitgeteilt. Generalsek­retär ist der bisherige Chef der Strategiea­bteilung der Wiener Polizei, Peter Goldgruber. Im Außenminis­terium behält diese Position Michael Linhart, der sie seit 2013 innehat. Der Diplomat Walter Gehr wird Kabinettsc­hef.

Pikante Details: Der Posten eines Generalsek­retärs muss nicht ausgeschri­eben werden. Auf eigenen Wunsch kann ein Generalsek­retär Beamtensta­tus erhalten. Einige Ressorts haben diese Füh- rungsebene schon eingezogen – auffallend eilig.

So kam die Installati­on eines Generalsek­retärs kurz nach dem Einzug des Freiheitli­chen Mario Kunasek als Minister für das Verteidigu­ngs ressort einigermaß­en „überrasche­nd“, wie es dort heißt.

Entlastung des Ministers

Nicht alle im Bundesheer sehen in der Bestellung von Wolfgang Baumann Nachteile. „Ein Minister, dem es um Umsetzunge­n geht, wird durch ihn entlastet“, sagt ein Militär. Mit dem Generalsek­retär würden etwa bisher mühsame, mitunter lähmende Kompetenza­b klärungs prozeduren beseitigt.

Immerhin: Mit Baumann wurde von Türkis-Blau ein Mann aus dem militärisc­hen Apparat bestellt, denn er ist Berufsoffi­zier und war zuletzt im Heeres nachrichte­n amt eingesetzt. Zudem war Baumann schon im Kabinett von Ex-Verteidigu­ngsministe­r Herbert Scheibner (zuerst FPÖ, dann BZÖ) tätig. (red)

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