Amokfahrt in Melbourne kein Terrorakt
18 Menschen wurden verletzt, als ein Mann seinen Geländewagen in eine belebte Kreuzung lenkte und dabei Passanten überfuhr. Die Ermittler sprechen von einer absichtlichen Tat. Eine Verbindung zu terroristischen Organisationen schließen sie aber aus.
Melbourne/Wien – Den australischen Behörden war der 32-jährige Mann bekannt: Bereits bevor er einen Geländewagen in eine der belebtesten Kreuzungen in Melbourne lenkte, war er als Drogenabhängiger mit mentalen Problemen aufgefallen. Was den Australier mit afghanischen Vorfahren am Donnerstagnachmittag dazu trieb, mit dem Auto 18 Menschen auf der Fidler Street zu verletzen, das wissen die Ermittler noch nicht. Dass es sich um einen Terroranschlag handelt, ist für die Be- hörden aber unwahrscheinlich, wie Polizeichef Shane Petton vor Medienvertretern sagte. Man werde aber weiterhin in alle Richtungen ermitteln.
Die Amokfahrt dauerte wohl nicht länger als 15 Sekunden. Dann schaffte es ein Polizist, der sich nicht im Dienst befand, den Fahrer zu überwältigen und festzunehmen. Außerdem verhafteten Beamte einen 24-Jährigen, der filmte und eine Tasche mit mehreren Messern bei sich hatte. Welche Rolle er spielt und ob er ein Komplize ist, können die Ermittler noch nicht beantworten.
Jim Stoupas’ Frau besitzt ein Doughnut-Geschäft am Tatort. Er erzählte dem Fernsehsender ABC, dass er „Bang, bang, bang“gehört habe, als der Wagen eine rote Ampel überfuhr und mit „rund 80 bis 100 Stundenkilometern die Straße herunterkam“. Auf der Kreuzung hätten sich unzählige Fußgänger befunden, sagt Stoupas: „Das Einzige, was ihn verlangsamte, waren die Passanten, die er überfuhr.“Das Auto krachte schließlich in eine Bushaltestelle.
Die 18 Verletzten wurden in umliegende Krankenhäuser gebracht. Am Donnerstagnachmittag befanden sich vier von ihnen in Lebensgefahr. Auch der Fahrer selbst wurde bei dem Angriff verletzt und ins Spital eingeliefert.
Die Stadt Melbourne reagierte auf den Angriff und sagte aus Respekt vor den Opfern alle Weihnachtsfeierlichkeiten ab, die am Donnerstag hätten stattfinden sollen.
Erst am Mittwoch hatte der Premier des Bundesstaats Victoria, Daniel Andrews, die Pläne für eine öffentliche Gedenkstätte verkündet: Am 20. Jänner 2017 steuerte ein Mann sein Fahrzeug in ein Einkaufszentrum in Melbourne. Damals starben sechs Menschen, 28 Personen wurden verletzt. Der 27-jährige Fahrer des Autos bekannte sich vergangene Woche des sechsfachen Mordes nicht schuldig. Das Gericht muss klären, ob der Beschuldigte verhandlungsfähig ist. Ein psychologisches Gutachten sieht ihn dazu mental nicht in der Lage. (bbl)