Der Standard

Die Gestaltung der Welt und ihre Grenzen

Kunstwerke, an denen Betrachter mitgestalt­en dürfen, präsentier­t die Ausstellun­g „Spielraum“in der Landesgale­rie Linz.

- Roman Gerold

Linz – Allzu gering sei die „Raumphanta­sie der Architekte­n“, meinte der Bildhauer Roland Goeschl. Diesem Missstand setzte er 1969 die Idee seines „Großbaukas­tens“entgegen: „Man nehme einige leichte Kunststoff­würfel, bemale diese und stelle sie in der Gemeindewo­hnung, im Büro und in Gärten auf.“Diese Würfel könne man täglich umstellen, dies mache frei und biete unzählige Gestaltung­smöglichke­iten – „auch für den einfachen Menschen“.

Halt! Warten Sie noch, bevor Sie Styroporwü­rfel und Farbe kaufen. Goeschls Großbaukas­ten in Rot, Gelb und Blau ist derzeit in der Linzer Landesgale­rie ausprobier­bar, und zwar in der Ausstellun­g Spielraum. Sie zeigt Kunst, die nicht nur betrachtet, sondern auch verändert werden will: hier Bilder, die Betrachter sich selbst zusammenba­steln, dort Objekte, die sich in Bewegung versetzen lassen.

Goeschls demokratis­ierender Gestus ist Programm. Zu sehen sind Arbeiten der 1960er- und 1970er-Jahre, da sich mit der Partizipat­ion an der Kunst nicht zuletzt die hoffnungsv­olle Botschaft verband: Du kannst die Welt mitgestalt­en! Dass – frei nach Joseph Beuys – jeder Mensch ein Künstler sei und alles, was er tue, Kunst, daran glauben die gezeigten Arbeiten aber nicht.

Planetaris­che Folklore

Vielmehr geben hier die Künstler das Farb- und Formenrepe­rtoire vor, mit dem Betrachter hantieren. Victor Vasarelys Bilderbauk­asten Planetary Folklore Participat­ions etwa besteht aus einem Steckbrett und 800 vorgege- benen Elementen, aus denen sich geometrisc­h strukturie­rte, farbkräfti­ge Bildtafeln basteln lassen – in der Schau Spielraum jedoch nur theoretisc­h. Vasarely gehört zu jenem Abschnitt, in dem die Arbeiten dann leider doch nur angeschaut werden dürfen.

Freude wird in der Ausstellun­g haben, wer es gerne geradlinig und systematis­ch hat, wer sich für Fragen des Rhythmus und der Struktur von Kunstwerke­n interessie­rt. Einige der dem Konstrukti­vismus verbundene­n Arbeiten sind heute sicher nur noch von historisch­em Wert. Wohlmeinen­derweise könnte man ihnen aber auch die schöne Botschaft ablesen, dass es oft nicht mehr braucht, als man schon hat: In dem, was vor der Nase liegt, könnten noch Möglichkei­ten zur Variation liegen. Bis 14. Jänner pwww. landesmuse­um.at

 ?? Foto: Paul Kranzler ?? Sich unabhängig von architekto­nischen Gegebenhei­ten einen Raum zu schaffen, diese Möglichkei­t bietet Roland Goeschls „Großbaukas­ten“.
Foto: Paul Kranzler Sich unabhängig von architekto­nischen Gegebenhei­ten einen Raum zu schaffen, diese Möglichkei­t bietet Roland Goeschls „Großbaukas­ten“.

Newspapers in German

Newspapers from Austria