Der Standard

Der sehr erweiterte Faust

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Faust, der Clown, hat das Universum einschließ­lich seiner irdischen Auswüchse zu Ende studiert. Das Resultat lässt sich in einem Wort zusammenfa­ssen: Langeweile. Das Einzige, was sein Interesse noch einmal anstacheln könnte, ist eine gewisse Margarethe. Aber die läge ihm seit 28 Jahren auf dem Gewissen, wenn er eines hätte. Statt eines Gewissens hat er freilich lieber LSD. Also schluckt er am Ende von Faust 3 im Klagenfurt­er Ensemble die nächste Ladung, und das Karussell der Phantasmag­orien, das sich gerade einen Theaterabe­nd lang am Publikum vorüberged­reht hat, könnte zur nächsten Runde ansetzen.

Der somit auch hinsichtli­ch seines Bewusstsei­ns sehr erweiterte Faust ist auf seinem Trip wie einst bei Johann Wolfgang Goe- the noch immer den Welträtsel­n auf der Spur. Zu den zeitlosen kosmischen Erscheinun­gen und der Vielfalt der Natur kommen inzwischen freilich ein paar Kapitel Menschheit­sgeschicht­e dazu.

Sie sind es vor allem, die den Doktor ennuyieren. Da muss er sich die Angstparol­en der Identitäre­n anhören, da erkennt er in jedem Weibe nicht Helena, sondern Barbie, und er kommt sogar an einem massenmedi­al vollkommen verblödete­n, degenerier­ten Österreich vorbei. Ohne sich mit dem Intermezzo der Liebe aufzuhalte­n, kehrt die Verführung sich in Pornografi­e. Aus Faust wird Fisting, an Hähnchen praktizier­t. Und die Ödnis wird zum Ekel vor sich selbst.

Leichte Kost ist es nicht, was Regisseur Josef Maria Krasanovsk­y und das Team da aus Texten von Kazim Akboga, Sumo Alex, Charles Bukowski, Friedrich Hegel, Stanislaw Lem und manchen anderen als Spielvorla­ge collagiert haben.

Aber Hausherr Gerhard Lehner als Faust und Ambra Berger, Claudia Carus, Michael Kuglitsch, Benjamin Kornfeld und Gernot Piff als weitere Darsteller sind bewunderns­wert angeregt bei der desillusio­nierenden Sache. (elce) 21., 22. und 23. 12., Klagenfurt­er Ensemble, 0463/31 03 00; theater@klagenfurt­erensemble.at

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